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Das fast perfekte Verbrechen Das fast perfekte Verbrechen: Mord vor 20 Jahren als tödlichen Verkehrsunfall getarnt

25.07.2018, 12:11
Einsatzwagen (r) von Rettungskräften steht am Ort eines vermeintlichen Autounfalls (l) in der Nähe der Raststätte Wetterau.
Einsatzwagen (r) von Rettungskräften steht am Ort eines vermeintlichen Autounfalls (l) in der Nähe der Raststätte Wetterau. Polizeipräsidium Mittelhessen

Gießen/Friedberg - Vor gut 20 Jahren soll Adem Bozkurt bei einem Autounfall in Hessen gestorben sein. So sah es zumindest aus - auf den ersten Blick. Nun ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft wegen Mordes.

Denn der im April 1997 tot entdeckte Autofahrer ist nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft mit einem Genickschuss umgebracht worden - und nicht an den Folgen des Unfalls gestorben. Ein Zeuge gab den Ermittlern den entscheidenden Hinweis. Motiv für das Verbrechen könnten Streitigkeiten um das Geschäft mit Toilettenanlagen an Autobahnraststätten gewesen sein.

Die Ermittler sind nun mit dem spektakulären Fall an die Öffentlichkeit gegangen, sie erhoffen sich davon Hinweise auf den oder die Täter. Der Kriminalfall soll am Mittwoch (25.7.) auch in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ vorgestellt werden.

Doch wie konnten die Ermittler damals einen Genickschuss übersehen? Von vorn: Der 45 Jahre alte Türke Adem Bozkurt war am 4. April 1997 frühmorgens in Ober-Mörlen in der Wetterau tot in seinem Fahrzeug gefunden worden. Der Wagen, in dem der Mann allein saß, sei offensichtlich gegen einen Baum geprallt. Die Umstände, auch die Verletzungen des 45-Jährigen, hätten auf einen tödlichen Unfall hingedeutet. Es sei deshalb auf eine rechtsmedizinische Untersuchung verzichtet worden, berichten die Ermittler.

„Wir gehen davon aus, dass der Täter eine kleinkalibrige Waffe verwendet hat“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Hauburger. Das Einschussloch sei entsprechend nur wenige Millimeter groß gewesen und habe sich unter Haaren befunden.

Die Kugel sei entweder im Kopf steckengeblieben oder durch den Mund wieder ausgetreten. Die blutigen Verletzungen des Opfers hätten sich außerdem mit dem Unfall erklären lassen.

Es habe sich auf den ersten Blick auch kein Verdacht auf einen Mord ergeben - nur bei Anhaltspunkten auf ein Fremdverschulden dürfe aber überhaupt eine Obduktion angeordnet werden. Für die Polizei damals habe sich das Geschehen wie ein Unfall dargestellt. Der Leichnam sei wenige Tage später von Angehörigen in die Türkei gebracht und dort beigesetzt worden. Bozkurt, der vor seinem Tod in Bad Nauheim lebte, hinterließ eine Ehefrau und zwei Töchter.

Erst Ende 2014, Anfang 2015 habe ein Zeuge den Hinweis gegeben, dass Bozkurt ermordet worden sei. Darauf seien umfangreiche Ermittlungen eingeleitet worden. Zeugen seien befragt, der Unfallhergang noch einmal rekonstruiert worden.

Die Ergebnisse hätten den Verdacht erhärtet. Die in der türkischen Stadt Izmir bestattete Leiche sei daraufhin in Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden exhumiert worden. Experten hätten festgestellt, dass Bozkurt offensichtlich mit einem Schuss ins Genick getötet worden sei.

Die Ermittler gehen mittlerweile eindeutig von Mord aus. Nach der überraschenden Wende in dem Fall hatten sie zwischenzeitlich schon drei Verdächtige im Visier. Bereits Ende 2016 durchsuchten sie Wohnungen und vernahmen die drei als Beschuldigte.

Aufwändige Ermittlungen im Ausland

Es habe sich jedoch kein dringender Tatverdacht ergeben, die Männer hätten deshalb nach der vorläufigen Festnahme wieder freigelassen werden müssen. „In der Folgezeit wurden weitere aufwendige Ermittlungen, teils auch im Ausland, geführt“, erklären Polizei und Staatsanwaltschaft. Diese seien aber bislang ohne durchschlagenden Erfolg geblieben.

Das Geschäft mit den Toilettenanlagen auf Autobahnraststätte galt und gilt als lukrativ. Teils wurde dabei mit harten Bandagen gekämpft - um die Standorte und das Geld, das dabei verdient werden konnte. Der Ermordete sei aber nach den bisherigen Ermittlungen nicht in eine kriminelle Szene verstrickt gewesen, sondern habe als unbescholten gegolten, sagt Staatsanwalt Hauburger. „Das war ein ganz normaler, ordentlicher Arbeiter gewesen, der eine Reinigungsfirma hatte.“ (dpa)