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Dänemark Dänemark: «Freistaat Christiania» soll nun doch frei bleiben

Von Thomas Borchert 12.03.2004, 14:15
Ein verwaister Haschisch-Stand in Kopenhagens berühmter Hippie-Enklave „Christiania“. (Foto: dpa)
Ein verwaister Haschisch-Stand in Kopenhagens berühmter Hippie-Enklave „Christiania“. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Kopenhagen/dpa. - Allerdings verlangt die Regierung eine Regelung der Eigentumsverhältnisse an Gebäuden auf dem seit 1971besetzt gehaltenen Kasernengelände und das sofortige Ende des Handelsmit Haschisch.

Außerdem sollen etwa 20 nach der Besetzung gebaute Wohnhäuser amStadtwall abgerissen werden, den die Regierung zu einemNaherholungsgebiet für alle machen will. Ansonsten aber hat dieRechtsregierung Rasmussens eher versöhnliche Töne angeschlagen. «Werin Christiania ein etwas andersartiges Leben führen will, soll dazuauch die Möglichkeit haben», sagte der Regierungschef, nachdem dieRäumung Christianias bei seinem erfolgreichen Wahlkampf vorzweieinhalb Jahren noch sehr weit oben auf der Liste gestanden hatte.

Das nicht sonderlich ordentliche Zusammenleben unter anderem von«Überlebenden» der Hippie-Ära, gestrandeten Sozialhilfeempfängern,mustergültig arbeitenden Alternativ-Handwerkern, Trinkern undpassionierten Haschischrauchern teilt die dänische Bevölkerung seitdrei Jahrzehnten in zwei Lager. Was die einen als lebendigen Beweisfür eine tolerante Gesellschaft auch um den Preis von Gesetzesbrüchenbewahrt sehen wollen, ist dem bürgerlich-braven Dänemark eineunerträgliche Form von Chaos und Kriminalität.

Zunehmende Kampfesmüdigkeit unter den Christiania-Veteranen unddie immer dreistere Inbesitznahme von Rechten durch kriminelleHerrscher über den Haschischverkauf haben die Front in den letztenJahren aber auch auf Seiten der Freistaat-Befürworter ins Wankengebracht. Christiania-Sprecher reagierten nach Bekanntwerden derneuen Regierungspläne nicht nur ablehnend. Zwar befürchtenChristianitter weiter, dass ihr für Immobilienmakler geradezutraumhaft attraktives Gelände Schritt für Schritt «normalenMarktgesetzen» unterworfen wird. Eine Übernahme der teils marodenWohngebäude durch einen neutralen Fonds aber, der auch die Regierungjetzt nicht mehr abgeneigt ist, will sich die Mehrheit nichtverschließen.

Nun kann die Polizei ihr Training für die Räumung von Christianiavorerst wieder einstellen. Einsatzchef Kaj Vittrup hatte letzte Wocheschon butterweich auf Vorwurf von Christianittern reagiert, die zubefürchtenden Straßenkämpfe würden auf dem Gelände wohnende Kinderschwer belasten. «Wir werden umgehend ermitteln, wann die Kinder ausKindergärten und Schulen zurückkommen und ganz bestimmt nicht zu denentsprechenden Zeiten räumen», versicherte Vittrup. Diese Arbeit kanner sich jetzt sparen.