1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Costa Concordia: Costa Concordia: Trauer um die Opfer der Kreuzfahrt-Katastrophe

Costa Concordia Costa Concordia: Trauer um die Opfer der Kreuzfahrt-Katastrophe

13.01.2013, 08:40
Angehörige der Opfer der «Costa Concordia» trauern während der Zeremonie nahe dem Schiffswrack im Hafen der italienischen Insel Giglio. (FOTO: REUTERS)
Angehörige der Opfer der «Costa Concordia» trauern während der Zeremonie nahe dem Schiffswrack im Hafen der italienischen Insel Giglio. (FOTO: REUTERS) X90029

Giglio Porto/dpa. - Neue Schuldzuweisungen von Unglückskapitän Francesco Schettino haben die Trauerfeier für die Opfer der Kreuzfahrt-Katastrophe vor einem Jahr überschattet. Während Überlebende und Angehörige am Sonntag der 32 Toten gedachten, beschuldigte der Kommandant der havarierten „Costa Concordia“ seinen indonesischen Steuermann. „Wenn der Steuermann alles richtig verstanden hätte, wäre das Schiff (an der Insel) vorbeigefahren, ohne dass etwas passiert wäre“, sagte Schettino in einem Fernseh-Interview laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa.

Vor genau einem Jahr hatte die „Costa Concordia“ einen Felsen vor der Insel Giglio gerammt und war gekentert. Dem „Capitano Dilettante“ - dem dilettantischen Kapitän, wie italienische Medien Schettino nennen - wird vorgeworfen, aus Leichtsinn viel zu nah an der felsigen Küste der Insel vorbeigefahren zu sein.

Die Angehörigen gedachten der Opfer in einer bewegenden Zeremonie. Direkt an der Unglücksstelle wurde ein Felsen mit einer Gedenktafel ins Meer gelassen. Danach beteten die Familien bei einem tränenreichen Gottesdienst für die Toten. „Gib den Opfern, die ihr Leben verloren haben, Frieden“, hieß es in den Fürbitten. Auch die heftigen Vorwürfe gegen Kapitän Francesco Schettino wurden wieder laut. Vor der Insel ragt noch immer der 290-Meter-Koloss aus dem Wasser. Seine Bergung soll viel teurer werden als zunächst erwartet.

Die Öffentlichkeit war von der Messe in der Kirche Santi Lorenzo e Mamiliano ausgeschlossen. Der Gottesdienst wurde aber auf eine große Leinwand im Hafen übertragen. Bischof Guglielmo Borghetti dankte den Bewohnern von Giglio, die in der Unglücksnacht zum Hafen geeilt waren, um den mehr als 4000 Schiffbrüchigen zu helfen. Einige hatten sich nur durch den Sprung ins eiskalte Wasser retten können. In der Kirche hatten damals viele von ihnen Zuflucht gefunden.

Künftig sollen auf der toskanischen Insel Gedenktafeln an die Opfer erinnern, unter ihnen waren auch zwölf Deutsche. Auf goldenem Untergrund sind die Namen der 32 Toten und der Umriss einer Muschel eingraviert. „Die Spirale der Muschel ist wie das Leben“, sagte der Künstler Cesare Scarfo'. „Man weiß nicht, wo es anfängt, und man weiß nicht, wo es aufhört.“ Einige Angehörige pausten mit Bleistift und Papier die Namen ihrer Verwandten und Freunde ab. Eine weitere Plakette erinnert an die Hilfsbereitschaft der Inselbewohner.

In Sichtweite der Trauernden ragt das Schiffswrack weiterhin wie ein Mahnmal aus dem Meer. Die Bergung wird länger dauern und deutlich mehr Geld kosten als ursprünglich angenommen. Die Reederei Costa Crociere rechnet mit Bergungskosten von rund 400 Millionen Dollar (etwa 305 Millionen Euro) - das sind 100 Millionen Dollar mehr als erwartet. Auf einen Termin für das Abschleppen des Wracks vor Giglio wollte sich die Reederei am Samstag nicht festlegen. Man rechne aber mit einer Bergung noch vor Ende des Sommers.

Auf der Insel versammelten sich auch Überlebende der Katastrophe. „Es ist gut hier zu sein“, sagte die Französin Anne Marie Royer der Nachrichtenagentur dpa. „Wir sind gekommen, damit der Kreis sich schließt.“ Eine Freundin, die ebenfalls an Bord war, könne seitdem nicht mehr arbeiten, sagte die 49-Jährige. „Sie schafft es psychisch nicht.“ Ein weitere französische Passagierin sagte, die Reederei habe die Überlebenden aufgefordert, nicht zum Jahrestag nach Giglio zu kommen. Der Gedenktag solle den Angehörigen der Todesopfer vorbehalten sein.

Am Sonntagvormittag fuhren die Trauernden mit dem Bürgermeister von Giglio und Vertretern der Reederei Costa Crociere'zu dem Le Scole-Riff vor der Küste. Dort ließen sie einen mit einer Gedenktafel versehenen Felsbrocken ins Wasser und warfen Blumen ins Meer. Das Kreuzfahrtschiff hatte das Riff gerammt und den Stein herausgerissen.

Kapitän Schettino wird vorgeworfen, am Abend des 13. Januar 2012 zu nah an die Küste herangefahren zu sein. Zudem hatte er sein Schiff mitten in der Evakuierung verlassen. Wann es zum spektakulären Prozess kommt, ist noch unklar. Klar ist allerdings, dass Schettino im Zentrum des Mammutverfahren stehen dürfte.

„Die Verantwortlichen werden streng bestraft werden“, versprach der italienische Umweltminister, Corrado Clini, der zum Jahrestag nach Giglio gekommen war. „Dieses Unglück lehrt uns, dass Oberflächlichkeit und Inkompetenz manchmal unterschätzt werden - dabei sind das zwei sehr schlimme Risiken.“

Am Sonntag sollte noch ein klassisches Konzert aufgeführt werden. Die Feiern enden am späten Abend - zu dem Zeitpunkt, als die „Costa“ vor einem Jahr den Felsen rammte. Nach einer Schweigeminute sollen um 21.45 Uhr Sirenen im Hafen heulen. Die dramatischen Bilder dieses „schrecklichen Zwischenfalls“ seien in den Gedanken des Landes immer noch lebendig, sagte der italienische Präsident Giorgio Napolitano.

Die «Costa Concordia» liegt vor Giglio (FOTO: DPA)
Die «Costa Concordia» liegt vor Giglio (FOTO: DPA)
dpa