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Chile Chile: Roboter Arturito soll die Schatzsuche revolutionieren

Von Jan-Uwe Ronneburger 19.10.2005, 07:37
Der chilenische Suchroboter «Arturito», mit dessen angeblichen Superfähigkeiten sich nicht nur Goldschätze, sondern auch Erdöl, Süßwasser und Kupfer aufspüren lassen. (Foto: dpa)
Der chilenische Suchroboter «Arturito», mit dessen angeblichen Superfähigkeiten sich nicht nur Goldschätze, sondern auch Erdöl, Süßwasser und Kupfer aufspüren lassen. (Foto: dpa) dpa

Santiago de Chile/dpa. - Die Nachricht vom größten jemalsentdeckten Piratenschatz klang schon unglaublich genug. 800 TonnenGold lägen auf einem verlorenen Eiland weit draußen im Pazifik,teilten chilenische Rechtsanwälte am 22. September der überraschtenÖffentlichkeit mit. Auf etwa 10 Milliarden Dollar (8,2 MilliardenEuro) belaufe sich der Gesamtwert der Schätze, die englische KorsarenAnfang des 18. Jahrhunderts auf der Insel Robinson Crusoe vergrabenhätten. Aber es ist nicht diese schon ausreichend fantastischeGeschichte allein, die Chile seither in Atem hält, sondern dieangeblichen Superfähigkeiten des Roboters Arturito, mit dessen Hilfedie Schätze lokalisiert worden sein sollen.

Wonach Schatzsucher seit 200 Jahren vergeblich suchen, habeArturito von einem Schiff aus binnen Minuten ausfindig gemacht,behauptet der Rechtsanwalt Fernando Uribe. Er vertritt daschilenische Unternehmen Wagner Tecnologia, das den Scanner auf Rädernunter Federführung des Ingenieurs Manuel Salinas entwickelt hat.Salinas hat Anfang der 90er Jahre auch in Köln studiert. Das Geräterzeuge mit Hilfe eines Mini-Atomreaktors Gammastrahlen, die esermöglichten, durch einen Art Antimaterie-Tunnel in einem Umkreis von15 Kilometern jede beliebige Atomstruktur exakt zu lokalisieren,versucht der Jurist die Wirkungsweise des Geräts zu erklären.

«Erdöl, Süßwasser, Kupfer oder eben auch Goldschätze lassen sichdamit sofort aufspüren», wirbt Uribe für Arturito. Aber das sei nochnicht alles. Auch Menschen seien aufspürbar. Salinas habe im Gesprächmit US-Vertretern sogar vorgeschlagen, ihm solle ein Satellit und dieDNS von Terroristenchef Osama Bin Laden zur Verfügung gestelltwerden. «Sie geben mir das, und ich sage ihnen, wo er steckt», habeder 39-Jährige angeboten. «Die Firma Wagner, die eigentlich einSicherheits-und Geldtransportunternehmen ist, und ich riskieren hierunseren guten Ruf», bekennt Uribe.

Chilenische Wissenschaftler halten die Geschichte indes schlichtfür Seemannsgarn. Die Angaben zur Wirkungsweise seien «konfus undunvollständig», klagt etwa der Präsident der chilenischenGesellschaft für Physik, Leopoldo Soto. Mit der heute bekanntenPhysik sei der Roboter jedenfalls nicht zu bauen. Und schon gar nichtin einer Hinterhofwerkstatt à la Daniel Düsentrieb. Der Physik-Professor Patricio Häberle von der Technischen Universität inValparaíso schimpfte Salinas bei einer Veranstaltung sogar einenPseudo-Wissenschaftler. Salinas stapfte verärgert aus dem Hörsaal.

Uribe aber, der zu den renommiertesten Strafverteidigern Chilesgehört, will keine Zweifel zulassen. «Ich habe Salinas dasbiochemische Profil meines Enkels gegeben. Er hat es dem Robotereingespeichert. Nur ich wusste, dass mein Enkel etwa 12 Kilometer vonArturito entfernt war. Und der Roboter gab genau den richtigen Ortan, an dem sich der Junge befand», erzählt Uribe. Unwillkürlich suchtder Zuhörer nach einer versteckten Kamera für eine Witzsendung. Aberder Blick trifft nur auf die gediegene Holzvertäfelung derAnwaltskanzlei im Zentrum von Santiago und auf eine Reihe ernstblickender Rechtsanwälte.

Wenn die Welt sich erst davon überzeugt habe, dass die Technikfunktioniere, werde die Geschichte ähnlich wie bei der Atombombe indie Zeit davor und danach eingeteilt, sattelt Uribe noch drauf.Krebszellen, Plastik-Landminen, Kokainreste in Mitarbeitern, nichtsentgehe dem Gamma-Scanner. Ein vergrabenes Mordopfer und einunterirdisches Waffenlager in der berüchtigten früheren Deutschen-Siedlung «Colonia Dignidad» hat Arturito schon aufgespürt. «Das Goldinteressiert uns nicht in erster Linie. Der wirkliche Schatz ist derRoboter», ergänzt der Marketingdirektor von Wagner, Ruperto Casanova.«Wir verstehen die Zweifel ja, aber der Staat soll doch einfach denPiratenschatz dort ausgraben, wo wir ihn lokalisiert haben», forderter.