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Eltern und Ärzte einigen sich Charlie Gard: Todkranker Junge soll in Würde sterben

26.07.2017, 19:07
Soll in Würde sterben dürfen: Das an einer seltenen Krankheit leidende britische Baby Charlie Gard.
Soll in Würde sterben dürfen: Das an einer seltenen Krankheit leidende britische Baby Charlie Gard. dpa

London/dpa - Das todkranke britische Baby Charlie Gard soll in einem Hospiz für Kinder sterben. Darauf einigten sich britischen Medien zufolge am Mittwoch Eltern und Ärzte des elf Monate alten Jungen vor Gericht. Charlies Eltern hatten gefordert, den Jungen zum Sterben mit nach Hause nehmen zu dürfen. Sie stießen dabei auf den Widerstand der Ärzte im Great-Ormond-Street-Krankenhaus, wo Charlie behandelt wird. Die Ärzte bezweifelten, dass Charlie im Haus seiner Eltern angemessen versorgt werden kann.

Langem Streit um die Behandlung des todkranken Babys

Umstritten war zuletzt, in welches Hospiz der Junge gebracht werden soll und wie viel Zeit die Eltern bekommen, um sich von ihm zu verabschieden. Der Richter verschob die Entscheidung darüber auf Donnerstag. Charlies Eltern hatten Medienberichten zufolge darauf gepocht, mehrere Tage mit Charlie verbringen zu dürfen. Das Krankenhaus vertritt den Standpunkt, Charlie dürfe nicht weiter leiden müssen. Sollten sich Eltern und Ärzte nicht einigen können, werde er der Empfehlung der Ärzte folgen, kündigte der Richter an. Wo und wann Charlie sterben wird, soll auf Anordnung des Gerichts geheim bleiben.

Erst am Montag hatten Charlies Eltern ihren monatelangen Rechtsstreit mit dem Londoner Great-Ormond-Street-Krankenhaus aufgegeben. Sie hatten gefordert, den Jungen für eine experimentelle Therapie in die USA bringen zu dürfen. Die Klinik hielt das für aussichtslos und bestand darauf, die Behandlung Charlies zu beenden und ihn in Würde sterben zu lassen. Dem hatten sich die Eltern schließlich gefügt.

Seltene Krankheit: Das ist das DNA-Depletionssyndrom

Charlie hat eine seltene genetische Erkrankung, in der Fachsprache mitochondriales DNA-Depletionssyndrom (MDDS). Dadurch wurden sein Gehirn und seine Muskeln stark in Mitleidenschaft gezogen. Er muss künstlich beatmet und ernährt werden. Charlie kann sich nicht mehr bewegen, ist gehörlos und hat epileptische Anfälle. Der Fall hatte international Schlagzeilen gemacht, sogar Papst Franziskus und US-Präsident Donald Trump hatten sich dazu geäußert. Krankenhäuser in den USA und Italien hatten angeboten, Charlie weiter zu behandeln.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hält einen Fall wie den des britischen Babys Charlie in Deutschland für unwahrscheinlich. „Das nationale Gesundheitssystem im Vereinigten Königreich funktioniert ganz anders als in Deutschland und ist viel strikter“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Dort gibt es Vorschriften, die genau festlegen, welches Krankheitsbild in welcher Weise therapiert wird und wann ganz bestimmte Therapien eingestellt werden müssen - und zwar in jedem Krankenhaus.“ Die Symptomatiken seien extrem standardisiert. „Es gibt nur Leistungen aus dem staatlichen Gesundheitssystem, wenn sich genau daran gehalten wird. Sobald ein bestimmtes Level erreicht ist, sind die Ärzte verpflichtet, ihre Behandlung zu beenden.“

In Deutschland gebe es viel weichere Regeln: „Wir haben zwar ein Sozialgesetzbuch, in dem steht, dass Behandlungen medizinisch angemessen und wirtschaftlich sein sollen, es legt aber nicht alle möglichen ,Biodaten’ fest, sondern vertraut mehr auf die Einschätzung der Ärzte und Angehörigen“, erläutert der Stiftungsvorstand. (dpa)