Charité in Berlin Charité in Berlin: Immer öfter auch Sexsucht behandelt

Berlin/dpa. - Am Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften der Berliner Hochschulmedizin werden immer öfter auch Abhängigkeiten wie Glücksspielsucht, Internetsucht, Sexsucht, Arbeitssucht und Kaufsucht erforscht und behandelt. «Diese Süchte sind auf dem Vormarsch», meinte am Freitag Sabine Grüsser- Sinopoli, Leiterin der interdisziplinären Suchtforschungsgruppe Berlin (ISFB). Allein an der Glücksspielsucht leiden bundesweit mindestens 150 000 Menschen, schätzen Experten.
Die Wissenschaftler vermuten, dass bei «stofflosen» Süchten die gleichen Belohnungssysteme im Gehirn wirken wie bei Abhängigkeiten von Substanzen wie Alkohol. «Sucht liegt immer dann vor, wenn der Betroffene den unwiderstehlichen Drang nach der Tätigkeit nicht mehr kontrollieren kann und ihr gleichzeitig immer exzessiver nachgehen muss», erläuterte Grüsser-Sinopoli. «Zum Kontrollverlust gesellen sich dann häufig zerrüttete Familienverhältnisse und der finanzielle Ruin.» In Berlin seien bereits ein halbes Dutzend Selbsthilfegruppen zur Kauf-, Arbeits- und Sexsucht entstanden.
Ob tatsächlich die gleichen psychosomatischen Mechanismen bei stoffgebundenen wie stoffungebundenen Süchten vorliegen, soll jetzt von verschiedenen Suchtexperten untersucht werden. Als Behandlung bieten die Suchtexperten eine spezielle Form der Verhaltenstherapie an. «Wir zeigen dem Abhängigen die Suchtreize, also beispielsweise einen Spielautomaten, um auf diese Weise einen Zustand der Gewöhnung herzustellen», berichtete Grüsser-Sinopoli. Gleichzeitig würden die Betroffenen stabiler gemacht, damit sie auf Anspannung und Druck nicht automatisch mit Suchtmittelkonsum reagieren.