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Kunst Caspar David Friedrich und die deutsche Begeisterung

Im Jubiläumsjahr von Caspar David Friedrich jagen sich die Blockbuster-Ausstellungen. Nach Hamburg und vor Dresden lockt er nun nach Berlin. Die Schau zeigt, warum der Romantiker so anschlussfähig ist.

Von Gerd Roth, dpa Aktualisiert: 17.04.2024, 15:55

Berlin - Romantik hat in Deutschland einen schillernden Namen: Caspar David Friedrich. Wie kaum ein anderer Künstler ist der Maler verbunden mit dem Ausdruck etwa von Melancholie, Einsamkeit, Individualität oder einer oftmals gequält erscheinenden Seele. Im Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag Friedrichs (1774-1840) bedienen gleich drei Blockbuster-Ausstellungen die Suche nach romantischen Ausdrucksformen. Nach Hamburg und vor Dresden lockt Berlin nun mit einer großen Friedrich-Schau.

Der Maler liebte die Natur. Der in Greifswald geborene Künstler hatte ein Faible für die Küste. Seine Wahlheimat Dresden nutzte er für zahlreiche Wanderungen. Der Weg ins Freie, zu Küsten, in Gebirge und andere Landschaften im Lichtspiel von Dämmerung und Zeitenwechsel dienten ihm als Inspiration zahlreicher Werke.

„Mönch am Meer“ und weitere berühmte Stücke

Neben dem berühmten Bilderpaar „Mönch am Meer“ (1808-1810) und „Abtei im Eichwald“ (1809-1810) sind in der Berliner Alten Nationalgalerie so bekannte Werke wie „Das Eismeer“ (1823/24), „Kreidefelsen auf Rügen“ (1818/1819) oder „Lebensstufen“ (1834) zu sehen.

Insgesamt werden in Kooperation mit dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen mehr als 60 Gemälde und 50 Zeichnungen aus dem In- und Ausland gezeigt. „Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“ ist von Freitag an bis zum 4. August zu sehen.

Seine Bilder erreichen Auge, Herz und Verstand. Die Rückenfiguren blicken in eine Unendlichkeit, die Rätsel aufgibt. Ist der Romantiker Friedrich ein deutscher Maler? Die Frage nach dem Ort des berühmten „Kreidefelsens“ etwa stand bereits im Entwurf eines Einbürgerungstests.

Große Anschlussfähigkeit seiner Kunst

Ralph Gleis, Direktor der Alten Nationalgalerie, verweist auf die Anschlussfähigkeit von Friedrichs Kunst. „Die Werke sind eigentlich still“, erläuterte Gleis am Mittwoch. „Diese Deutungsoffenheit haben sich im Zuge der Geschichte unterschiedliche Parteien immer wieder zunutze gemacht.“ Auch im Nationalsozialismus sei versucht worden, Friedrich als deutschen Künstler zu vereinnahmen. Das habe es ihm schwer gemacht, nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in die Museen zu kommen.

Zu Lebzeiten hatte Friedrich auch durch zahlreiche Ankäufe in Berlin seinen künstlerischen Durchbruch. Angesichts der gegenwärtigen Popularität heute kaum vorstellbar: Nach seinem Tod geriet er in Vergessenheit. 1906 sollte er in Berlin mit einer als „Deutsche Jahrhundertausstellung“ präsentierten Auswahl wiederentdeckt werden.

Fast vergessen, dann Vorreiter der Moderne

Der damalige Museumschef Hugo von Tschudi agierte damit auch gegen ein Image als „Franzosenfreund“. Gezeigt wurden dabei unter anderem 36 Gemälde und 57 Zeichnungen Friedrichs. Mit der Neubewertung der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts kam eine vom Impressionismus geprägte Kunstauffassung zum Ausdruck. Als herausragender Maler von Licht und Atmosphäre wurde Friedrich nun als Vorreiter der Moderne gefeiert.

In der aktuellen Ausstellung lassen sich solche Vorgänge thematisch festmachen. Küste und Ufer, Landschaften und Gebirge, religiöse Symbole können vergleichend betrachtet werden. Detaillierte Zeichnungen finden sich als Stichwortgeber wieder in berühmten Gemälden.

Nach dem enormen Andrang bei der Friedrich-Ausstellung in Hamburg haben die Ausstellungsverantwortlichen in Berlin längere Öffnungszeiten beschlossen. Auch eine nächtliche Ausweitung scheint nicht ausgeschlossen. Direktor Gleis dazu: „Das ist denkbar, aber noch nicht in der Planung.“