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Brombeer-Koalition Brombeer-Koalition will Kurskorrekturen in vielen Bereichen

Was will die neue Thüringer Regierung erreichen? Dazu gab Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) seine erste Regierungserklärung ab. „Dünne Suppe“ und „Ankündigungspolitik“ rief die Opposition.

Von dpa Aktualisiert: 30.01.2025, 15:24
Erste Regierungserklärung von Ministerpräsident Mario Voigt im Landtag .
Erste Regierungserklärung von Ministerpräsident Mario Voigt im Landtag . Martin Schutt/dpa

Erfurt - Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt hat in seiner ersten Regierungserklärung im Landtag eine „Politik mit gesundem Menschenverstand“ und keine Experimente angekündigt. Die bisher einzige Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD in Deutschland wolle sich an den Alltagssorgen orientieren und das Leben der Menschen verbessern, sagte der CDU-Politiker im Parlament in Erfurt. Voigt kündige Kurskorrekturen in der Bildungs-, Gesundheit-, Migrations- und Wirtschaftspolitik an, ebenso wie bei der Modernisierung des Staates. Zudem wolle die Regierung den Kommunen mehr Unterstützung geben. Kritik kam von den Oppositionsfraktionen AfD und Linke. 

AfD-Fraktionschef Björn Höcke, der sich Wortgefechte mit Voigt lieferte, nannte die Regierungserklärung eine „dünne Suppe“ und „phrasengeschwängert“. Voigt bezeichnete den AfD-Rechtsaußen einen „angstgetriebenen Politiker“, der Thüringen schlechtrede. Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Christian Schaft, sprach von Ankündigungspolitik der Brombeer-Koalition. „Wann geht’s denn los?“, fragte Schaft in Richtung Regierungsbank.

Unterrichtsausfall unter zehn Prozent drücken 

Einen Schwerpunkt legte Voigt auf die Bildungspolitik. Etwa 600 angehende Lehrerinnen und Lehrer an den Thüringer Hochschulen erhielten an diesem Freitag von der Landesregierung eine Übernahmegarantie in den Schuldienst. Die Übernahmegarantie an die Studierenden gelte, wenn sie einen „vernünftigen Studienabschluss“ erreichten. Die neue Regierung wolle den Unterrichtsausfall schrittweise deutlich unter zehn Prozent der Stunden drücken. 

„Wir wollen, dass Unterricht in Thüringen wieder stattfindet“, sagte Voigt. Dafür seien nicht nur Neueinstellungen von Lehrern nötig. Dazu gehöre auch, Lehrkräfte von Zusatzaufgaben und Bürokratie zu entlasten. Weiterhin solle es zur Unterstützung der Schulen Teams aus Sozialarbeitern, pädagogischen Assistenten und weiteren Fachkräften geben. Auf den Prüfstand stelle die Landesregierung die Zulassungsbeschränkung für Lehramtsstudenten. 

Regierung will auf hohe Grundsteuern reagieren 

Voigt wiederholte eine Reihe von Vorhaben aus dem 100-Tage-Programm wie die Einberufung eines Gesundheitsgipfels, die Einrichtung eines Krankenhaussicherungsfonds oder Bürokratieabbau. 

Er kündigte an, dass die Regierung auf die für viele Thüringer Haushalte gestiegenen Grundsteuern reagieren werde. Er stellte eine Überprüfung des Berechnungssystems in Aussicht, bei der sich Thüringen im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern am Bundesmodell orientiert hatte. Teilweise gebe es eine Verdrei- oder Vervierfachung der Grundsteuern. „Wir wollen eine Grundsteuer, die die Menschen nicht allein lässt“, so der Regierungschef. Höcke nannte das eine Phrase, weil unklar bleibe, wie die Grundsteuer gesenkt werden solle. 

Die CDU-Landtagsfraktion hatte kürzlich erklärt, sie wolle „die derzeitigen Grundsteuern für private Haushalte mit den rechtlichen Möglichkeiten abmildern, die Thüringen hat“. Verbesserungen würden für 2026 angepeilt, so ihr Fraktionsvorsitzender Andreas Bühl. Derzeit verschicken viele Kommunen in Thüringen die in einem aufwendigen Verfahren nach einem Verfassungsgerichtsurteil neu berechneten Grundsteuerbescheide. 

Schaft: Arbeitnehmerrecht nicht schleifen 

Der Linke-Politiker Schaft signalisierte, dass seine Fraktion die Regierungskoalition in einzelnen Punkten - er nannte eine zuverlässige Gesundheitsversorgung im Freistaat und weniger Unterrichtsausfall - bei Verbesserungen unterstützten werde. Seine Fraktion werde aber kein Partner sein, wenn es beispielsweise um die landesweite Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber oder mehr Abschiebehaftplätze gehe. Migranten müsse eine Perspektive gegeben werden. 

Beim angekündigten Bürokratieabbau werde die Linke darauf achten, „dass es nicht darum geht, die Rechte von Arbeitnehmern zu schleifen“, beispielsweise bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Die Brombeer-Koalition hat im Landtag nur 44 von 88 Stimmen und ist auf die Opposition angewiesen. 

Höcke: „Die Politik bleibt die gleiche“

Höcke warf Voigt vor, dort weiterzumachen, wo Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) aufgehört habe. „Die Ministerpräsidenten wurden ausgetauscht, die Politik bleibt die gleiche.“ Über große Probleme, wie „die desaströse demografische Situation des Landes“ habe Voigt kein Wort verloren. Seine Fraktion trete für eine „Remigrationsindustrie ein“ - die schnelle Abschiebung von Geflüchteten. CDU-Fraktionschef reagierte auf diese Äußerung des AfD-Rechtsaußen mit: „Das ist Pfui“.

Die in Thüringen als rechtsextrem vom Verfassungsschutz eingestufte AfD stellt im Landtag die größte Fraktion und hat eine Sperrminorität, wenn Entscheidungen nur mit Zwei-Dritte-Mehrheit getroffen werden können. „Lassen Sie uns auf Augenhöhe miteinander umgehen“, sagte Höcke.