Konjunktur Bremen mit höchster Insolvenzquote in Deutschland
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind schwierig. Immer mehr Firmen müssen den Gang zum Insolvenzgericht antreten. Bremen belegt dabei den unrühmlichen Spitzenplatz.
Hannover/Bremen/Frankfurt - Schwache Konjunktur, hohe Energiepreise und gestiegene Zinsen treiben die Zahl der Firmenpleiten in die Höhe, vor allem in Bremen. Nach Schätzung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform wird das kleinste Bundesland bezogen auf seine Größe in diesem Jahr die höchste Insolvenzquote aller 16 Länder aufweisen und damit Berlin vom Spitzenplatz der Negativliste verdrängen. Das geht aus dem am Montag in Frankfurt vorgestellten Creditreform-Bericht „Insolvenzen in Deutschland“ hervor.
Mit 120 Insolvenzen auf 10.000 Unternehmen liege der Wert in dem Zwei-Städte-Staat doppelt so hoch wie der Bundesdurschnitt, der nur bei 60 liegt. Niedersachsen landet mit 52 Insolvenzen auf 10.000 Unternehmen auf Platz zehn der 16 Bundesländer. Prominentestes Beispiel aus Bremen war dabei der Pflegeheimbetreiber Convivo, der im Januar Insolvenz angemeldet hatte. Die meisten der 77 Pflegeheime in mehreren Bundesländern wurden von neuen Betreibern fortgeführt. Ein Großteil der rund 5000 Beschäftigten der Gruppe wurde dabei laut Insolvenzverwalter übernommen.
In Niedersachsen sorgte vor allem die Pleite der Schuhhandelskette Reno aus Osnabrück Anfang März für Aufsehen. Rund ein Sechstel der bundesweit 180 Filialen wurde im Sommer vom Konkurrenten Kienast aus Wedemark übernommen, der sie unter altem Namen fortführt. Kienast betreibt bereits Ketten wie ABC Schuh-Center, K+K Schuh-Center und Street Shoes.
Die Stadtstaaten liegen bei der von Creditreform ermittelten Insolvenzquote traditionell deutlich vor den Flächenländern. Hinter Bremen und Berlin (103 Insolvenzen auf 10.000 Unternehmen) folgt auch in diesem Jahr auf Platz drei Hamburg mit 81. Bereits im Vorjahr hatten die drei Stadtstaaten die ersten drei Plätze belegt, Bremen und Berlin tauschten nun die Plätze. Die niedrigste Quote weist in diesem Jahr Thüringen mit 40 Insolvenzen auf 10.000 Unternehmen auf. Als Grund für die starken regionalen Unterschiede verweisen die Experten von Creditreform auf die unterschiedlichen Branchenstrukturen und das Alter der Unternehmen.
Insgesamt hat die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr deutlich zugenommen. Nach Schätzungen von Creditreform werden bis zum Jahresende bundesweit 18.100 Unternehmen den Gang zum Insolvenzgericht angetreten haben. Das wären den Berechnungen zufolge 23,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Besonders deutlich fällt der Anstieg in Bremen aus: 2022 hatte Creditreform dort nur 72 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen gezählt, jetzt sind es 48 mehr. In Niedersachsen lag der Wert 2022 bei 45, 7 weniger als 2023 erwartet.
„Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen“, erläuterte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, am Montag in Frankfurt anlässlich der Vorstellung der Zahlen. Daran werde sich in naher Zukunft auch nichts ändern. „Die Zahl der Insolvenzen wird bei diesen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch in den kommenden Monaten deutlich ansteigen“, sagte Hantzsch.
Die Fallzahlen seien damit fast normalisiert und die Sondereffekte aus der Corona-Zeit weitgehend verpufft, so der Creditreform-Experte. Um eine Pleitewelle infolge der Pandemie abzuwenden, hatte der Staat zeitweise Ausnahmeregelungen ermöglicht. Bereits 2022 waren die Insolvenzzahlen erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009 wieder gestiegen.