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Brandenburg Brandenburg: Blutsaugerpartys und ein mysteriöses Fürstentum

14.04.2002, 14:20
Ottomar Rodolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco
Ottomar Rodolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco dpa

Schenkendorf/dpa. - Ein legitimes Familienmitglied der Dracula ist Prinz Kretzulesco,auch ohne blutsverwandt zu sein: Eine waschechte Nachfahrin destranssylvanischen Adelsgeschlechts - Katarina Olympia PrinzessinKretzulesco Caradja - adoptierte den Berliner 1990. Damals hieß ernoch Ottomar Berbig. Die alte Dame, so erzählt er, war kinderlos undfürchtete um das Ende ihrer Familienlinie. Begegnet waren sich beidein seinem Antiquitätengeschäft, wo die damals 96 Jahre altePrinzessin ein paar Stücke aus dem Familienbesitz zu verkaufensuchte. «Sie brachte goldene und silberne Kästchen mit dem Wappen derKretzulescos», erinnert sich der 62-Jährige. «Da ich nach ihrerMeinung typisch rumänisch aussah, entschloss sie sich, mich dem Restder Familie vorzustellen.»

Aus dem gelernten Bäcker Ottomar Berbig wurde dann schon baldOttomar Rodolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco, Nachkomme einesAdelsgeschlechts, dessen Wurzeln Historiker bis ins 13. Jahrhundertzurückverfolgt haben. Das bekannteste Familienmitglied wurde 1897 zurInspiration für Bram Stokers Roman «Dracula»: Vlad Tepes - «derPfähler». Von seinem Schloss am Borgo-Pass in Transsilvanien ausbekämpfte der Prinz (ca. 1431 bis 1476) die einfallenden Türken undließ Tausende von ihnen lebendig auf Pfähle spießen.

«Angesichts solcher Familien-Historie musste nach der Adoptionauch für mich als brandenburgischen Nachkommen des "Pfählers" einangemessenes Schloss her», erzählt der Graf. Aus dem Nachlass einesVerlegers kaufte er daher 1995 in Schenkendorf (Kreis Dahme-Spreewald) ein 46 Zimmer umfassendes Anwesen. «Schloss Dracula wurdeüber die Jahre ein wertvoller Wirtschaftsfaktor für das ReisegebietDahmeland», sagt der Wirtschaftsdezernent des Landkreises, Carl-HeinzKlinkmüller. Die Besucher lockt der Graf mit regelmäßigen Vampir-Partys und Konzerten, Besichtigungen und Veranstaltungen, darunterdie Walpurgis-Nacht am 30. April mit Wahl der schönsten Hexe.

Von sich reden machte Prinz Kretzulesco vor kurzem, als er denAnschluss an die Großgemeinde Mittenwalde zu verhindern versuchte.Unterstützt von Bürgermeister und Gemeindevertretern rief erSchenkendorf kurzerhand zum unabhängigen «Fürstentum Dracula» aus.Jetzt kümmert sich der Prinz, der auch CDU-Abgeordneter in derGemeinde ist, um die Anerkennung der renitenten Kommune durch dieRepublik Rumänien: «Möglicherweise könnte Schenkendorf dadurch eineArt diplomatisches Gelände werden - dann fiele der Anschluss anMittenwalde flach.»

Schwerer als die drohende Eingemeindung wiegt jedoch eine ganzpersönliche Sorge Kretzulescos: Der 62 Jahre alte Prinz - selbst zurRettung der Dracula-Ahnenlinie adoptiert - hat bislang keinenNachkommen. Ob auch er an Adoption denke? «Das muss ich mir gutüberlegen», seufzt er. «Die "Familie" hat ein Waisenhaus in Rumänienaufgebaut - dort wohnen 800 kleine Kinder.»