1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Bodypainting: Bodypainting: Wettstreit der Körpermaler

Bodypainting Bodypainting: Wettstreit der Körpermaler

Von Stefan Höhle 25.07.2010, 11:21
Grell geschminkt und mit dem Kölner Dom bemalt präsentiert sich dieses Model auf dem "International Bodypainting Festival Germany". (FOTO: DPA)
Grell geschminkt und mit dem Kölner Dom bemalt präsentiert sich dieses Model auf dem "International Bodypainting Festival Germany". (FOTO: DPA) dpa

Bingen/ddp. - Nach siebenstündiger maskenbildnerischer Arbeit aufnackter Haut wird Bodypainterin Melanie Rodel ihr Model am Ende immerwiedererkennen. «Auch wenn Yasmine ganz unter der Maske verschwundensein wird, sehe ich noch ihre grüne Kontaktlinse», verrät dieKörpermalerin aus dem schweizerischen Bern. Zusammen mit der30-jährigen Künstlerin sind rund 50 andere Bodypainter aus rund zehnNationen am Samstag nach Bingen gekommen, um zwei Tage lang beimInternational Bodypainting Festival zum Wettstreit um Preise in vierDisziplinen anzutreten.

Melanie ist professionelle Körpermalerin und mit ihrem 24 Jahrealten Model Yasmine Schindler in der Kategorie Special Effectsvertreten, das vorgegebene Thema heißt Welterbe. Auch in denDisziplinen Airbrush, Face Painting sowie Pinsel und Schwamm kämpfenim Park am Bingener Mäuseturm Künstler um die begehrten Preise, dennAuszeichnungen sind wichtig für die Karriere, am Ende kann einAuftrag aus der Filmindustrie kommen. Bei Wettkämpfen entstehen dieKörperkunstwerke live vor den Augen des meist zahlenden Publikums.

Unterstützt von ihrer Mutter - ein Helfer pro Team ist erlaubt -,hat Melanie ihr Model nach stundenlanger Arbeit mit Pinsel,Airbrushpistole und Gummimilch in eine Symbiose aus Göttervater Zeusund seiner Liebesbeauftragten Aphrodite verwandelt. «Gummimilchbenötige ich für aufmontierte Applikationen und dieTeilgesichtsmaske», erklärt Melanie. In der Disziplin Special Effectsdarf die eigentliche Körperbemalung um handgefertigte Formstückeergänzt werden.

Die Verschmelzung von Zeus und Aphrodite symbolisiert für Melanieden Erdenauftrag des Menschen. «Dafür sind wir doch auf der Welt,oder?», fragt die Künstlerin. Eine andere Bodypainterininterpretierte das vorgegebene Thema in Richtung Weltkulturerbe undapplizierte ihrem Model eine funktionsfähige Miniatur des WienerPrater-Riesenrads auf den Rücken. Nicht immer gelingeninterpretationsfeste Körperacts - eine Besucherin erkannte in derFigur eine Zirkusdirektorin, weil an des Models Busen zwei Schimmeltänzelten. Das Motiv stand für die Wiener Reitschule als weitererVerweis auf das Kulturerbe in Austrias Hauptstadt.

Jurymitglied Guido Paefgen, Chefmaskenbildner am StaatstheaterMainz, nimmt in Bingen seine Branchenkollegen in Schutz. «Natürlichsind viele Amateure hier unterwegs», sagt Paefgen, «aber ich kannmich eigentlich immer für deren Fantasie begeistern.» Körperbemalungsei kein Kunstklamauk und auch nicht für Indianer reserviert, erklärtder Profi. «Jeder Anthropologe weiß, dass der Mensch bereitskörperbemalt von Afrika aus Europa eroberte.»

Auch Peter Tronser, preisgekrönter Bodypainter aus Ingelheim undkünstlerischer Leiter des Bingener Festivals, verweist auf denengagierten Anspruch der Künstler, auf nackter Haut Botschaften undPersönlichkeit zu hinterlassen. «Und in keiner Bodypainting-Disziplintitt ein Modell textilfrei an», erklärt Tronser. Bei bestimmten Actsbeginne der Künstler mit seinem Werk eine halbe Stunde, bevor dasPublikum Zutritt erhält, intimere Körperstellen seien dann bereitsunter farbiger Kunst verschwunden. «Wer mehr sehen will, muss in einePeepshow», stellt der Ingelheimer klar.

Bekannte Metropolen mit Kulturerbe-Denkmälern in ihren Stadtmauernwaren beliebte Ideengeber in Bingen. Bodypainterin Ute Lange aus demsüdhessischen Stockstadt engagierte gleich zwei Models undrealisierte Motive vom Markusplatz in Venedig. Sollte der berühmteMäuseturm im Rhein vor Bingen einst Weltkulturerbe werden, wird erbei einem der zukünftigen International Bodypainting Festivalsleibhaftig am Ufer des Stroms entlangwandeln.