Blutbad an Erfurter Gymnasium Blutbad an Erfurter Gymnasium: Schüler läuft Amok und tötet 16 Menschen

Erfurt/dpa. - Die Einsatzkräfte wurden um 11.05 Uhr durch einen Telefonanruf aus dem Gymnasium «Johann Gutenberg» alarmiert: «Hier in der Schule wird geschossen.» In kürzester Zeit waren Sondereinsatzkommandos und biszu 60 Rettungsfahrzeuge am Ort. «Die Polizisten wurden sofort beschossen», sagte der Erfurter Polizeichef Rainer Grube. Einer der Beamten wurde getötet.
Der Kugelhagel auf Lehrer und Schüler war schon vorbei, als die Polizei eintraf. Die Schule, ein imposantes Jugendstilgebäude im Zentrum der thüringischen Landeshauptstadt, wurde umstellt, das Gebiet weiträumig abgesperrt. Die Beamten drangen in die Schule ein und durchkämmten bis in die Abendstunden den Tatort, um einenmöglichen weiteren Täter zu finden. Zeugen hatten von schnell aufeinander folgenden Schüssen gesprochen, die die Polizei zunächst auf einen zweiten Täter hatte schließen lassen.
Den Spezialkräften bot sich ein Bild des Grauens. Auf Gängen, Zimmern und Toiletten lagen Leichen. Schüler, Lehrer und Eltern waren geschockt. «Der Kanzler und die Bundesregierung haben die Ereignisse in Erfurt mit fassungslosem Entsetzen aufgenommen», sagte einRegierungssprecher. Auch Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) zeigte sich entsetzt.
Der Täter soll sich am Nachmittag in ein leeres Klassenzimmer zurückgezogen haben. Die Polizei erfuhr gegen 13.00 Uhr, dass er tot ist. Der 19-Jährige war nach ersten Erkenntnissen mit einer Pump-Gun und einer Handfeuerwaffe bewaffnet.
Als sie die Schüsse hörten, saßen zahlreiche Abiturienten gerade über ihren Prüfungen - sie flohen und verbarrikadiert sich in der Aula. In erschütternden Handy-Anrufen schilderten sie, was sie mitangesehen hatten. Insgesamt 180 Schüler, die während der Bluttat im Gebäude ausharrten, konnten in Sicherheit gebracht werden,insgesamt zählt das Gymnasium 750 Schüler.
Nach der Tat suchten fassungslose Schüler und Angehörigebeieinander Trost, geschockte Menschen fielen sich weinend in die Arme. Kriseninterventionsteams und andere Psychologen nahmen sich ihrer an. Die Bilder vom tödlichen Amoklauf werden nach Expertenansicht die betroffenen Schüler wahrscheinlich monatelang in ihrem Unterbewusstsein quälen. «Die größte Gefahr bei der emotionalen Verarbeitung besteht darin, dass die Kinder Schuldgefühle entwickeln.Sie glauben dann, sie seien mitverantwortlich an dem Amoklauf», sagte der Trauma-Psychologe Christian Lüdke am Freitag.
Unbestätigten Angaben einer Schülerin zufolge war der Täter von der Abiturprüfung ausgeschlossen worden. Bei der Tat soll er maskiert gewesen sein. Auslöser für einen Amoklauf sind nach Erkenntnis der Psychologie meist Kränkungen. «Dabei zieht es Amokläufer bei ihrerTat in der Regel an den Ort, der etwas damit zu tun hat», sagte Psychologe Steffen Dauer aus Halle am Freitag nach dem Amoklauf.
