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Unterrichtsausfall und mehr Bildungsgewerkschaft übt reichlich Kritik an Schulpolitik

Die Bildungspolitik soll ein Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung sein. Die größte Bildungsgewerkschaft ist mit den bisherigen Arbeitsergebnissen allerdings unzufrieden.

Von dpa Aktualisiert: 26.03.2025, 14:59
Kathrin Vitzthum, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen, hält mit Kritik an der Schulpolitik der Landesregierung nicht hinter dem Berg. (Archivbild)
Kathrin Vitzthum, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen, hält mit Kritik an der Schulpolitik der Landesregierung nicht hinter dem Berg. (Archivbild) Martin Schutt/dpa

Erfurt - Etwa drei Monate nach dem Amtsantritt der Landesregierung gibt die Bildungsgewerkschaft GEW dem Bildungsministerium überwiegend schlechte Noten. „Unsere Einschätzung ist: Besser ist noch nichts geworden“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Kathrin Vitzthum in Erfurt. 

Dies sei umso gravierender, weil die Regierung aus CDU, SPD und BSW bei der Übernahme der Amtsgeschäfte im Dezember den Eindruck erweckt habe, im Bildungsbereich seien schnelle Erfolge möglich. Das sei aber von vorneherein eine unrealistische Annahme gewesen. Das, was die Landesregierung in ihrem 100-Tage-Programm zur Bildungspolitik geschrieben habe, sei deshalb vor allem „ein ambitionierter Nachwahlkampf“ gewesen, sagte Vitzthum.

Plan gegen Unterrichtsausfall „wohlfeil“

In ihrem 100-Tage-Programm hat sich die Landesregierung Maßnahmen vorgenommen, die helfen sollen, etwa den Unterrichtsausfall zu bekämpfen. „Ziel ist es, den ersatzlosen Ausfall an staatlichen Schulen im ersten Schritt auf unter zehn Prozent zu senken“, heißt es dort beispielsweise. Zudem sollten Zulassungsbeschränkungen für angehende Lehrer an den Hochschulen überprüft werden.

Vitzthum sagte nun, es sei nur bedingt hilfreich, den Unterrichtsausfall auf unter zehn Prozent aller zu gebenden Stunden zu senken. Die entsprechenden Zahlen hätten Statistiken zufolge in den vergangenen Jahren in der Regel knapp unterhalb dieses Wertes gelegen – außer im Herbst, wenn Erkältungszeit sei. Das von der Landesregierung ausgegebene Ziel sei daher „wohlfeil“ gewesen.

Ähnlich sei es bei den vorhandenen Zulassungsbeschränkungen für bestimmte Studiengänge, die angehende Lehrer besuchen können oder müssen. Auch wenn es diese mancherorts für einige Studiengänge in der Theorie gebe, seien sie in der Praxis nie angewandt worden. „De facto gibt es in Thüringen keine Zulassungsbeschränkungen“, sagte Vitzthum.

Kritik an Umgang mit Protesten

Kritisch äußerte sich Vitzthum auch zum Agieren der Landesregierung im Streit um die geplante Neufassung der Schulordnung. Zwar sei es gut, dass das Bildungsministerium ein Anhörungsverfahren begonnen habe - dazu sei es nicht verpflichtet. Sie sei aber „irritiert“, wie Bildungsstaatssekretär Bernd Uwe Althaus mit den Protesten gegen dieses Vorhaben umgehe. Er hatte am Rande einer Demonstration vor dem Landtag vor wenigen Tagen gesagt: „Die gehören nicht hierher.“ Vitzthum findet das „total schwierig“.

Zudem halte sie es für falsch, dass sich Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) in diesem seit Wochen andauernden Konflikt noch nicht selbst geäußert habe. Damit beweise Tischner keinen besonders sensiblen Umgang mit Menschen, die Sorgen zum Ausdruck brächten.

Minister: Haben schon vieles angestoßen

Tischner selbst verteidigte die bisherige Arbeit. „Vieles wurde von der neuen Landesregierung schon angestoßen, unzählige Gespräche wurden geführt“, sagte er. Da die neue Regierung noch nicht lange im Amt sei, müsse jeder für sich selbst entscheiden, ob es sinnvoll sei zu urteilen, bevor die ersten Maßnahmen wirklich greifen könnten.

Insgesamt habe das Bündnis schon in seinem Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht Fördern und Fordern zusammengehörten. „Leider ist in den vergangenen Jahren das Leistungsprinzip zunehmend unter die Räder gekommen“, sagte Tischner.

Demos gegen Neufassung

Mit der geplanten Änderung der Thüringer Schulordnung sollen etwa Kopfnoten wieder eingeführt werden. Außerdem sollen Schulen verpflichtet werden, bereits ab der sechsten Klasse zu entscheiden, ob ein Kind in die nächste Klasse versetzt wird oder nicht. 

Die GEW ist die größte Bildungsgewerkschaft. In ihr sind etwa Lehrer, Kindergärtnerinnen und Beschäftigte von Hochschulen organisiert.