1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Rechtsprechung: BGH: Encrochat-Daten bei Cannabis-Prozessen verwertbar

Rechtsprechung BGH: Encrochat-Daten bei Cannabis-Prozessen verwertbar

Das neue Cannabis-Gesetz hat so manchem mutmaßlichen Dealer einen Freispruch beschert. Denn das Beweismaterial stammte aus einem Kryptochat. Nun hat der BGH die Rechtslage geklärt.

Von dpa 30.01.2025, 19:00
Wegen des neuen Cannabis-Gesetzes haben manche Gerichte Angeklagte freigesprochen. Doch der BGH hat nun entschieden, dass Daten aus dem Krypto-Messengerdienstes EncroChat verwertet werden können. (Symbolbild)
Wegen des neuen Cannabis-Gesetzes haben manche Gerichte Angeklagte freigesprochen. Doch der BGH hat nun entschieden, dass Daten aus dem Krypto-Messengerdienstes EncroChat verwertet werden können. (Symbolbild) Sebastian Kahnert/dpa

Leipzig - Die Verwertung von Daten aus dem Krypto-Messengerdienst Encrochat in Strafverfahren gegen mutmaßliche Drogendealer ist laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) auch nach Einführung des Cannabis-Gesetzes möglich. Der BGH hat damit höchstrichterlich die Rechtslage geklärt. 

Nach der Teillegalisierung von Cannabis im April 2024 hatten mehrere Gerichte diese Daten für nicht mehr verwertbar erachtet, weil die vorgeworfenen Taten nun anders eingestuft werden. Sie sprachen die jeweiligen Angeklagten frei.

Gesetzesänderung ohne Folgen für Verwertbarkeit 

Doch der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig stellte nun klar, dass es nicht auf eine neue Bewertung der Tat ankommt. Auch wenn sich diese im Laufe eines Verfahrens ändere, führe dies nicht dazu, dass rechtmäßig erlangte Daten unverwertbar werden, heißt es in der Mitteilung. Und als deutsche Ermittler die Daten aus verschlüsselten Chats im Jahr 2020 aus Frankreich erhielten, sei dies nach damaliger Gesetzeslage rechtmäßig geschehen (Az. 5 StR 528/24).

Die Entscheidung bezieht sich auf den Handel mit einer sogenannten nicht geringen Menge. Diese definiert das Gesetz nicht genauer. Der BGH hatte den Grenzwert dafür bei Cannabis schon vor Jahrzehnten auf 7,5 Gramm des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) festgesetzt. Dabei war er auch nach der Einführung des Cannabis-Gesetzes geblieben (Az. 1 StR 106/24).

Kriminellen-Netzwerk zerschlagen

Der BGH beruft sich in seiner Erklärung unter anderem auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zu Encrochat. 

Dies war ein verschlüsseltes Kommunikationssystem, mit dem Kriminelle Straftaten wie Drogengeschäfte, Mordanschläge, Überfälle und Geldwäsche organisierten. Den Nutzern hatte Encrochat perfekte Anonymität garantiert, die Mobiltelefone sollten nicht abzuhören und nicht zu verfolgen sein. 

Französische und später auch niederländische Behörden hatten das System geknackt und das Kriminellen-Netzwerk zerschlagen. Im Zuge internationaler Rechtshilfe gaben sie dabei gefundene Daten an deutsche Kolleginnen und Kollegen weiter. Daraus ergaben sich zahlreiche strafrechtliche Ermittlungen beispielsweise zu Drogengeschäften in Millionenhöhe und Rockerbanden.

Landgericht muss neu verhandeln

Im konkreten Fall hatte das Landgericht Berlin I den Angeklagten im Mai 2024 wegen Handels mit großen Mengen an Cannabis-Produkten freigesprochen. Es argumentierte laut BGH damit, dass eine gravierende Ermittlungsmaßnahme wie eine Online-Durchsuchung nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr zulässig sei. Wegen Drogengeschäften mit Ecstasy-Tabletten und Kokain verurteilte das Gericht den Mann zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren.

Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein. In Bezug auf den Freispruch hob der BGH das Urteil jetzt auf. Das Landgericht muss dazu neu verhandeln.