IHK Berliner Unternehmen mit Politik des Senats unzufrieden
Berlin - Die Industrie- und Handelskammer hat dem Berliner Senat vorgeworfen, sich in aus IHK-Sicht nicht notwendigen Projekten wie der Ausbildungsumlage und dem 29-Euro-Ticket zu verlieren. Die Ausbildungsumlage schaffe weder mehr Plätze noch mehr Verträge, teilte die Kammer am Dienstag mit. Das 29-Euro-Ticket sei „pure Geldverschwendung und unsolidarisch.“ „Hohe Zinsen und Baukosten, dazu der Fachkräftemangel - wie man da das Bauen wieder in Gang kriegen soll, kann niemand sagen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder zur Wohnungspolitik. Bei der Modernisierung der Verwaltung gebe es zwar keine Erkenntnis- aber doch ein großes Umsetzungsproblem.
Die IHK untermauerte ihre Kritik an der Politik des Senats mit einer Unternehmensumfrage. Der Umfrage zufolge sind 54 Prozent der Unternehmen mit der Berliner Bildungspolitik „unzufrieden“ und weitere 35 Prozent „eher unzufrieden.“ „Das ist kein gutes Ergebnis, es war aber nicht mehr zu erwarten“, kommentierte Eder. Die Unzufriedenheit mit der Verkehrspolitik ist der Umfrage zufolge ähnlich groß (44 Prozent „unzufrieden“, 43 Prozent „eher unzufrieden“).
Bildungspolitik
48 Prozent der befragten Unternehmen sagten laut Umfrage, dass sie mit den Basiskompetenzen der Schulabgänger, die sich auf Stellen bewerben, unzufrieden seien. „Im Bildungssystem läuft seit Jahrzehnten so viel schief, das zu verbessern, dauert Jahre. Dafür braucht es einen größeren Anlauf“, sagte Eder.
Berufsorientierung
Die Zahl der freien Ausbildungsstellen sei um ein Vielfaches höher als die Zahl der Suchenden, so der Hauptgeschäftsführer. Daher müsse die Berufsorientierung intensiviert werden, um die Schulabgänger zu den freien Ausbildungsstellen zu bringen. Tendenziell kenne jeder etwa zehn Ausbildungsberufe - nach einer guten Berufsorientierung sollten es 20 bis 30 im eigenen Interessensbereich sein, so IHK-Präsident Sebastian Stietzel.
Verkehrspolitik
Eder kritisierte, dass bei der Verkehrspolitik noch immer einzelne Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausgespielt würden. Die IHK fordert unter anderem, dass die Lade- und Liefermöglichkeiten in Geschäftsstraßen verbessert werden, etwa durch ein Verbot von Bewohnerparkausweisen für solche Straßen. Die Kantstraße sei dagegen ein Reallabor für alles, was in der Verkehrspolitik schief läuft. „Eigentlich müssten da alle Parkplätze weg, um da sicheren Radverkehr und auch Lieferverkehr zu gewährleisten“, sagte Eder. Das Geld, das nun für ein 29-Euro-Ticket im Bereich AB eingesetzt werde, hätte aus IHK-Sicht in den ÖPNV-Ausbau investiert werden müssen.
Verwaltungspolitik
Der Frust über die Bürokratie ist bei den Unternehmen offenbar besonders groß: 71 Prozent der von der IHK befragten Unternehmen gaben an, dass sie mit der Berliner Politik für Bürokratieabbau und Modernisierung der Verwaltung „unzufrieden“ sind. „Es scheint bei den Regierungsfraktionen, dem Senat und Teilen der Opposition aber der Wille da zu sein, noch nächstes Jahr relevante Änderungen auf den Weg zu bringen“, sagte Stietzel.