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Organisierte Kriminalität Berlin will Gesetz verschärfen: Schutz für Zeugen und Justiz

Gerade im Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität sind Einschüchterungsversuche gegenüber Zeugen oder Richtern kein Einzelfall. Der Berliner Senat plant deswegen einen Vorstoß im Bundesrat.

Von dpa 10.09.2024, 13:16
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) macht sich für eine Bundesratsinitiative zum Schutz von Justizpersonal und Zeugen vor Bedrohungen stark. (Archivbild)
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) macht sich für eine Bundesratsinitiative zum Schutz von Justizpersonal und Zeugen vor Bedrohungen stark. (Archivbild) Sebastian Gollnow/dpa

Berlin - Im Kampf gegen Organisierte Kriminalität will der Berliner Senat eine Bundesratsinitiative starten, um Zeugen und Justizbeschäftigte besser zu schützen. Die schwarz-rote Koalition hat einen entsprechenden Gesetzesantrag beschlossen. Ziel ist ein neuer Nötigungstatbestand im Strafgesetzbuch.

„Das ist ein klares gesetzgeberisches Signal für einen besseren Schutz im Bereich der Justiz“, erklärte Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU). Hintergrund ist, dass es auch in Berlin immer wieder vorkommt, dass Zeugen von Straftaten unter Druck gesetzt werden. So sollen belastende Informationen gar nicht erst ans Licht kommen - oder aber im Prozess die Aufklärung einer Tat verhindert werden.

Mehr gefährliche Gegenstände in Gerichten sichergestellt

Mal sei es ein scharfer Blick vor dem Gerichtssaal, mal eine drohende Geste, sagte die Senatorin. Es gebe aber auch klare Ansagen an Justizbeschäftigte, wie etwa, dass man die Adresse kenne. Oder aber eine Todesdrohung. Belastbare Zahlen dazu gibt es Badenberg zufolge nicht. „Man sieht aber schon, dass das Gewaltpotenzial im Laufe der Zeit immer weiter zunimmt.“

Ein Indiz dafür seien die Erfahrungen an den Sicherheitsschleusen der Berliner Gerichte. Dort sei eine Zunahme von sichergestellten gefährlichen Gegenständen zu verzeichnen. „Wir haben im Jahr 2022 circa 9.600 Fälle gehabt. Im Jahre 2023 waren es 10.700 Fälle, wo Messer und andere gefährliche Gegenstände festgestellt worden sind“, sagte Badenberg.

Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität

Häufig gebe es dabei einen Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität. „Da geht es natürlich darum, Prozesse zu verschleppen, bestimmte Beweise, die man erbringen will, beispielsweise durch Zeugenaussagen, zu erschweren und am Ende natürlich auch Täteridentifizierungen zu erschweren“, erläuterte die Senatorin.

Bei der Bundesratsinitiative geht es aber nicht nur um Zeugen, sondern auch um Richter, Staatsanwälte, Gerichtsvollzieher oder Dolmetscher, wie Badenberg betonte. „Die Funktionsfähigkeit der Justiz hängt vom Schutz derjenigen ab, die sich tagtäglich für die Justiz engagieren, die tagtäglich dafür sorgen, dass Recht und Gerechtigkeit in unserem Land durchgesetzt werden.“

Richterinnen nach Bedrohung unter Polizeischutz

Vor rund zwei Jahren wurde beispielsweise bekannt, dass drei Berliner Richterinnen unter Polizeischutz gestellt worden sind, weil es gegen sie Drohungen aus dem Organisierten Drogenhandel gab. Die drei Richterinnen einer Großen Strafkammer am Landgericht führten laut Senatsjustizverwaltung einen Prozess wegen Rauschgifthandels im Zusammenhang mit von der Polizei entschlüsselten Nachrichten aus Encrochat-Handys, die von Kriminellen genutzt wurden.

Laut „Berliner Morgenpost“ gab es nach einer Erhebung des Bundeskriminalamtes zur Einschüchterung von Zeugen, Amtsträgern oder Sachverständigen im Zuge strafrechtlicher Ermittlungs- und Gerichtsverfahren bundesweit insgesamt 20 reale Fälle von 2019 bis 2022. Berlins Justizsenatorin geht jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus.

Die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält den Vorstoß Berlins sinnvoll. „Wir erleben seit Jahren, dass unsere Gerichtssäle gerade von Personen aus der Organisierten Kriminalität als Bühne missbraucht werden, um unsere Kollegen, Zeugen, Staatsanwälte und Richter einzuschüchtern und der Rechtsstaat sie bisher nicht entsprechend schützt, es an wirklich wirksamen Mitteln fehlt“, teilte Sprecher Benjamin Jendro mit. „Berlin bringt den Stein ins Rollen und wir hoffen, dass die anderen Länder dieses Vorhaben unterstützen und gemeinsam weiterdenken.“

Grünen machen Badenberg Vorwürfe

Scharfe Kritik gab es dagegen von der Grünen-Fraktion im Landesparlament: „Die vorgeschlagene Bundesratsinitiative schafft keine Abhilfe hinsichtlich der Bedrohung von Zeugen durch Organisierte Kriminalität“, so deren rechtspolitische Sprecherin, Petra Vandrey. „Nötigung und Bedrohung sind bereits strafbar – die Forderung neuer Vorschriften im Strafrecht ist Symbolpolitik und wird dem Regierungsanspruch nicht gerecht.“

Wichtiger seien konkrete Maßnahmen auf Landesebene, um bestehende Gesetze konsequent umzusetzen und Zeugen zu schützen. „Dafür brauchen Staatsanwaltschaften und Gerichte mehr Personal und bessere Ausstattung“, so die Grünen-Abgeordnete. Dafür hatte sich Badenberg nach der Senatssitzung allerdings ebenfalls ausdrücklich ausgesprochen.

Badenberg sieht gute Chancen

Badenberg schätzt die Erfolgschancen der Bundesratsinitiative als gut ein. Sie habe das Thema bereits am Rande der jüngsten Justizministerkonferenz angesprochen, sagte sie. „Ich rechne mit einer sehr großen Mehrheit.“

Nach dem Senatsbeschluss soll der Paragraf der Nötigung (§240 StGB) ergänzt werden. Aus Sicht der GdP wäre es wünschenswert, noch einen neuen Tatbestand zu ergänzen, der eine mögliche Bandenzugehörigkeit berücksichtigt.

Badenberg hat die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK) zu einem ihrer zentralen Anliegen erklärt. Die Bundesratsinitiative zum Thema Bedrohung von Zeugen und Gerichtspersonen sei aber für den gesamten Senat ein wichtiges Thema, sagte sie. Das Vorhaben sei schon im Koalitionsvertrag vereinbart worden.