Berlin Berlin: Räuber verurteilt, Beute verschwunden

Berlin/dpa. - Schwer getroffen zeigten sich die vier Berliner Pokerräuber nicht, als die Gefängnisstrafen im Saal 500 verkündet wurden. Knapp vier Monate nach dem spektakulären Überfall auf eininternationales Pokerturnier am Potsdamer Platz verurteilte dasLandgericht am Donnerstag einen 21-Jährigen zu drei Jahren und neunMonaten Haft, drei Komplizen im Alter von 19 und 20 Jahren bekamenjeweils dreieinhalb Jahre Gefängnis. Das Quartett wurde wegenschweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. DieVier zeigten sich eher lässig, einer winkte in den Zuschauerraum, woFreunde und Verwandte der verurteilten Männer türkischer undarabischer Herkunft saßen.
Bei dem Coup am 6. März im Grand Hyatt waren die maskiertenMänner mit einer Machete und einer Schreckschusspistole schreiend aufden gerade offenen Tresor in der Hotelhalle zugestürmt, dieWachmänner waren nicht bewaffnet. Der 21-Jährige schwang diePistole und ergriff die Tasche mit der erhofften Millionenbeute.
Doch im Handgemenge mit Wachleuten blieb der Großteil des Geldeszurück. Die Vier flüchteten mit knapp 242 000 Euro in Hosen- undJackentaschen, nachdem die drei Komplizen den 21-Jährigen aus dem Schwitzkastengriff eines Zwei-Meter-Wachmanns befreit hatten. Die Wachleute wurden nur leicht verletzt. An dem Pokerturnier hatte auch Ex-Tennisstar Boris Becker teilgenommen.
Der 21-jährige Räuber bekam als ein Kronzeuge einen geringenStrafrabatt, weil er sich als erster bei der Polizei gestellt hatteund eine Komplizen verriet. Er wurde als einziger nachErwachsenenstrafrecht verurteilt.
«Der Pokerraub war eine Tat der Schwerstkriminalität», sagteRichter Helmut Schweckendieck im Urteil. Zugleich machte er deutlich,wie dilettantisch er den Überfall fand: «Einen Überfall vor laufendenKameras zu begehen - nicht sehr intelligent.» Der 21-Jährige hattenicht einmal Handschuhe getragen, weil er sich nach Aussage einesKomplizen «nicht mit den gelben Gummihandschuhen lächerlich machenwollte». Der Richter kritisierte aber auch die Veranstalter: Einedreiviertel Million Euro habe offen herumgelegen.
Schnell war an dem Prozess mit nur sechs Terminen klar geworden,dass der Überfall von Hintermännern geplant war. Ein Prozess gegenzwei mutmaßliche Drahtzieher beginnt am 19. August. Die beiden Männersitzen in Untersuchungshaft. Ein 29-Jähriger, ein Onkel des 19-jährigen Räubers, soll das Fluchtauto gefahren haben und in einerGarage die Beute verteilt haben. Ein 31-Jähriger soll selbst an einemder Pokertische gesessen und per Handy das Signal zum Losschlagengegeben haben.
Die Räuber seien von Hintermännern ausgenutzt worden, sie hättenden riskanten Part gehabt, so das Gericht. Laut Urteil ließen siesich aber schnell und gern ausnutzen, weil sie gierig auf das Geldwaren. Und: «Sie wollten im Kiez als coole Helden gelten», sagte derRichter.
Die Räuber hatten Geständnisse abgelegt, Reue gezeigt und sichentschuldigt. Ein 20-Jähriger hatte erklärt, er habe sich von demGeld beeindrucken lassen. Doch während sie sich bei derUrteilsverkündung am Kinn kratzten oder ins Publikum lächelten,monierte Richter Schweckendieck, dass im Prozess keinSterbenswörtchen über die Beute fiel. «Ich habe keine Tüte mit Geldauf dem Tisch erwartet», aber Aufschluss über den Verbleib desGeldes hätten das Geständnis wertvoller gemacht. «Sie können sichabschminken, die Beute zu genießen, nach der Haft ist wohl nichtsmehr übrig», warnte der Richter.
Auch ein zweiter Räuber kam in den Genuss der Kronzeugenregelung.Das Gericht lobte den Mut des 20-jährige Neuköllners, der erst zuJahresbeginn aus dem Gefängnis gekommen war. Er hatte den Namen desmutmaßlichen Organisators genannt. Sein Anwalt fand das Urteildennoch hart und kündigte Revision an. Der 20-jährige stehe untergroßem Druck und sei in der Haft als Verräter beschimpft worden,sagte Verteidiger Sebastian Bartels.
Bereits zwei Wochen nach dem Überfall war das Quartett gefasstworden. Zwei Räuber waren zunächst in die Türkei und den Libanongeflüchtet, kehrten dann aber nach Berlin zurück. Noch auf demFlughafen hatten die Handschellen geklickt.


