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Belgien Belgien: 62-jähriger Förster soll sechs Mädchen ermordet haben

30.06.2004, 11:57
Der Förster Michel Fourniret wird aus dem Gericht geleitet. (Foto: dpa)
Der Förster Michel Fourniret wird aus dem Gericht geleitet. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Brüssel/dpa. - Eine neue Kinderschänder-Affäre erschüttert Belgien. Gut eine Woche nach der Verurteilung des Mädchenmörders Marc Dutroux hat ein 62 Jahre alter Förster nach Medienberichten gestanden, sechs junge Mädchen umgebracht zu haben. Der einschlägigvorbestrafte Franzose sitzt bereits seit einem Jahr in belgischer Untersuchungshaft. Seine Frau, die dem Mann bis zu neun Entführungen und Morde vorwirft, wurde am Mittwoch wegen des Verdachts auf unterlassene Hilfeleistung ebenfalls verhaftet.

Die Mehrzahl der neun mutmaßlichen Opfer stammt aus Frankreich.Einige Leichen wurden in Südbelgien gefunden, wo der Förster seit Anfang der 90er Jahre lebt. Der heute 62-jährige Michel Fourniret war in den 80er Jahren in Frankreich wegen der Vergewaltigung minderjähriger Mädchen zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, kam aber schon nach zwei Jahren wieder frei. Er ließ sich in Sart-Custinne in den belgischen Ardennen unweit der Grenze nieder.

Nach Angaben des öffentlichen Fernsehsenders RTBF gestandFourniret auch die Entführung und Vergewaltigung der damalszwölfjährigen Elisabeth Brichet aus Namur am 20. Dezember 1989, dreiTage nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Das Verschwinden desMädchens war wiederholt mit der Dutroux-Affäre in Verbindung gebrachtworden. Seine Mutter gehörte nach der Entdeckung der getöteten undüberlebenden Dutroux-Opfer zu den Organisatoren des Weißen Marschs inBrüssel 1996, an dem Hunderttausende Belgier teilnahmen und der Opfergedachten.

Festgenommen wurde Fourniret am 26. Juni 2003, nachdem er ein 13-jähriges Mädchen im belgischen Ciney zu entführen versucht hatte. Wiefrüher Dutroux hatte der Förster dabei nach Darstellung der Zeitung«La Capitale» einen Lieferwagen benutzt. Das Mädchen konnte jedochflüchten. Ihre Angaben führten zur Verhaftung des Franzosen. Bei denanschließenden Verhören soll Fourniret den Polizisten von seinemVorstrafen in Frankreich erzählt haben. In Belgien hatte er da schonlänger als zehn Jahre unbehelligt gelebt.

Mehrfach sei Fourniret unter dem Vorwand von Familienbesuchen anfrühere Tatorte in Frankreich zurückgekehrt, berichtete die Zeitung«La Libre Belgique». Dort verschwand im Januar 2003 - wenige Monatevor der Festnahme des Försters - ein neunjähriges Mädchen. Im Januarvergangenen Jahres habe Fourniret zudem einen Posten als Aufseher inder Schulkantine von Sart-Custinne bekommen. Die lokalen Behördenwussten den Berichten zufolge nichts von seiner Vorgeschichte.

Die grenzüberschreitende Affäre weise auf eine Lücke imeuropäischen Rechtssystem hin, meinte die Zeitung «La Capitale»: Esgebe kein EU-weites Vorstrafenregister für gefährliche Kriminelle.Entsprechende EU-Pläne sind noch im Anfangsstadium. Wie im FallDutroux beziehe die belgische Polizei ihr Wissen zu großen Teilen ausden Aussagen der Frau des Beschuldigten, hieß es.

Die Dutroux-Affäre hatte mit dem Urteil des Schwurgerichts vonArlon in der vergangenen Woche ihr vorläufiges Ende gefunden. DerHaupttäter Marc Dutroux wurde wegen der Entführung von sechs Mädchen,von denen vier qualvoll zu Tode kamen, zu lebenslanger Haftverurteilt. Seine Frau und zwei weitere Täter bekamenFreiheitsstrafen zwischen 5 und 30 Jahren. Der Fall hatte wiederholteFahndungspannen bei Polizei und Justiz aufgedeckt.