1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Bekenntnisse: Bekenntnisse: «Rächer der Mittellosen» erzählt jetzt Märchen

Bekenntnisse Bekenntnisse: «Rächer der Mittellosen» erzählt jetzt Märchen

Von Kai Portmann 23.02.2006, 15:16
Millionen-Betrüger Jürgen Harksen. (Foto: dpa)
Millionen-Betrüger Jürgen Harksen. (Foto: dpa) dpa/POOL

Hamburg/dpa. - Ihnen wollte es der Trinkersohn und Sonderschüler JürgenHarksen aus Flensburg zeigen, «frei nach Robin Hood».

Seit April 2003 büßt er dafür in einem Hamburger Gefängnis -verurteilt als Betrüger. Dort in seiner Zelle hat Harksen nacheigenem Bekunden größere Klarheit und Ruhe gewonnen ­ und mit einemCo-Autor ein Buch geschrieben über seinen Werdegang als «Deutschlandsbestbezahlter Märchenerzähler». An diesem Freitag erscheint das Werk(Jürgen Harksen, Ulf Mailänder, «Wie ich den Reichen ihr Geldabnahm». Die Karriere eines Hochstaplers, Scherz Verlag,Frankfurt/Main, 2006.)

«Wie ich den Reichen ihr Geld abnahm», nennt der 45-Jährige seineBekenntnisse, in denen er gleich zu Beginn all die Betrogenen umVerzeihung bittet, mit deren Millionen er ein Luxusleben führte. Beialler beteuerten Reue aber kokettiert der frühere Hochstapler gerndamit, wie ihm Hamburgs Geldadel aus «Gier und Geiz» auf den Leimgegangen ist. Eine sagenhafte Gewinnspanne - den «Faktor 13» - hatteHarksen als «Anlageberater» seinen Kunden versprochen: «Auf gutDeutsch hieß der Deal: Du gibst mir hundert, ich geb' dirtausenddreihundert zurück, aber ich sag dir nicht wann.»

Nicht nur Banker, Anwälte oder einfach leichtfertige Anleger hatder selbst ernannte «Geldguru» damit geblendet, auch zahlreicheProminente glaubten seinen Lügen. Namen nennt Harksen nicht. AlleinUdo Lindenberg erwähnt er, der ihn «Jürgi» rufen durfte. Einen Schecküber 100 000 Mark habe ihm der Panik-Rocker gegeben. Doch schon einenTag später holte sich Udo das Geld wieder zurück, weil seine innereStimme ihn gewarnt habe. «War es einst in der Hamburger Uppperclassschick, sich eine Portion Harksen zu gönnen, gilt es heute alsEhrenauszeichnung, nicht auf mich hereingefallen zu sein», schreibtder Finanzjongleur und Millionenbetrüger.

Als er 1993 aufflog, setzte sich Harksen nach Südafrika ab. NeunJahre lang entkam er dort der Strafverfolgung. Im Februar 2003 begannder Prozess vor dem Hamburger Landgericht. Sechs Jahre und neunMonate Freiheitsstrafe lautete das Urteil. Dass er schon angekündigthatte, ein Buch schreiben und die Erlöse daraus seinen geprelltenKunden geben zu wollen, werteten die Richter damals alsstrafmildernd.

Doch nun scheint Harksen, der als Freigänger tagsüber in einemRestaurant arbeitet, sein schriftstellerisches Tun zum Verhängnis zuwerden. Mitte November hätte der Rest seiner Strafe nach Verbüßungvon zwei Dritteln zur Bewährung ausgesetzt werden können, «weil ererstmalig bestraft wurde und sich tadellos geführt hat», sagt seinLübecker Anwalt Marc Langrock.

Das Hanseatische Oberlandesgericht aber hob einen entsprechendenBeschluss des Landgerichts auf. Harksens ausgeprägter Geltungsdrang,der seine frühere Straffälligkeit erkläre, bestehe weiterhin, sagtendie Richter - und verwiesen als Beleg dafür auch auf das Buch. Alleindessen Titel und Einleitung offenbarten bei dem 45-Jährigen «eineerhebliche Schamlosigkeit im Umgang mit seinen Straftaten.» Langrockhat nun in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sein Mandantkündigt derweil in seinem Buch weitere Veröffentlichungen an: «Derzweite Band ist schon in der Mache.»