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Landeswahlleiter Bei der Wiederholungswahl gibt es Ungerechtigkeiten

Die Teil-Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin hat ihre Besonderheiten. Das könne schon Irritationen auslösen, glaubt der Landeswahlleiter.

Von dpa Aktualisiert: 25.01.2024, 12:27
Landeswahlleiter Stephan Bröchler informiert auf einer Pressekonferenz über die Teil-Wiederholung der Bundestagswahl.
Landeswahlleiter Stephan Bröchler informiert auf einer Pressekonferenz über die Teil-Wiederholung der Bundestagswahl. Jens Kalaene/dpa

Berlin - Bei der Teil-Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin am 11. Februar gibt es eine Reihe von Besonderheiten. Wer bei der ursprünglichen Wahl 2021 zum Beispiel in Kiel oder Köln seine Stimme abgegeben hat und inzwischen nach Berlin umgezogen ist, darf unter Umständen ein zweites Mal wählen. Das seien unvermeidliche Ungerechtigkeiten, sagte Landeswahlleiter Stephan Bröchler der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn so schwere Fehler passieren wie bei der Bundestagswahl 2021, dann muss das korrigiert werden. Das führt zu Effekten wie dem, dass jemand zweimal die Möglichkeit hat abzustimmen.“

Volljährige dürfen mitwählen

An der Teil-Wiederholung der Wahl dürfen auch Berlinerinnen und Berliner teilnehmen, die im September 2021 noch gar nicht wahlberechtigt waren. Das betrifft diejenigen, die erst danach volljährig wurden. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass im Wahlbezirk der Betreffenden die Wahl tatsächlich wiederholt wird.

Auf den Stimmzetteln müssen bei der Wiederholungswahl dagegen exakt die Kandidatinnen und Kandidaten stehen, die 2021 angetreten sind. Das führt beispielsweise dazu, dass formal auch die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann erneut antritt. Sie war im Dezember vergangenen Jahres bei einer großangelegten Razzia festgenommen worden und ist noch in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. „Sie ist nicht rechtskräftig verurteilt. Insofern muss sie auf dem Stimmzettel bleiben“, sagte Bröchler.

Auch dass der SPD-Politiker Michael Müller in Wahlkreis 80 in Charlottenburg-Wilmersdorf noch in seiner früheren Position als Regierender Bürgermeister aufgeführt ist, kann auf den ersten Blick verwundern. Schließlich ist er mittlerweile Bundestagsabgeordneter. „Bei dem Déjà-vu handelt sich aber weder um eine Panne noch um einen Fehler“, teilte Bröchler am Donnerstag mit. „Wahlvorschläge dürfen bei einer Wiederholungswahl gemäß Bundeswahlgesetz grundsätzlich nicht geändert werden.“ Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung über die Angabe zu Müller auf dem Stimmzettel berichtet.

Zwei Wiederholungswahlen innerhalb eines Jahres

Der Termin für die Teilwiederholung der Bundestagswahl wegen der zahlreichen Pannen im September 2021 ist fast genau ein Jahr nach der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar 2023. Ein Teil der Berlinerinnen und Berliner muss also innerhalb nur eines Jahres schon zum zweiten Mal zu einer Wiederholungswahl - während die ursprüngliche Wahl bereits fast zweieinhalb Jahre her ist.

„Durch die Wiederholungswahl haben wir Konstellationen, die es unübersichtlich machen“, räumte der Landeswahlleiter ein. All das führe zu Irritationen. „Es ist zumindest auf den ersten Eindruck plausibel, dass einige sagen: Jetzt müssen wir schon wieder wählen gehen“, sagte Bröchler. „Aber es lohnt ein zweites Überlegen, um was es da geht.“

Korrekt durchgeführte Wahlen und korrekt ausgeführte Auszählungen seien von herausragender Bedeutung für die Demokratie. Wenn es dabei so gravierende Fehler gebe wie 2021, müsse es eine Wiederholungswahl geben. „Da geht es schon um was. Das ist auch das Einfallstor für Populisten von links oder rechts, die sonst sagen: An der Wahl ist ja was gedreht worden.“

Bei den Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus am 26. September 2021 hatte es in Berlin zahlreiche Pannen und Probleme gegeben. Der Bundestag beschloss deswegen mit den Stimmen der Ampel-Koalition, dass in 327 der 2256 Wahlbezirke neu gewählt werden sollte, außerdem in 104 der 1507 Briefwahlbezirke.

Dagegen klagte die Unionsfraktion im Bundestag, der das nicht weit genug ging. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass die Wahl in 455 Wahlbezirken inklusive der zugehörigen Briefwahlbezirke wiederholt werden muss - und zwar mit Abgabe der Erst- und Zweitstimme.

Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sich durch die Wiederholungswahl die Machtverhältnisse im Bundestag erkennbar verschieben, denn es geht nur um etwa ein Fünftel aller Berliner Wahlbezirke. (Az. 2 BvC 4/23)