Arbeitsmarkt Behörde rechnet mit weiterem Anstieg der Arbeitslosigkeit
Es klingt paradox: Einerseits werden händeringend Fachkräfte gesucht, andererseits steigt die Arbeitslosigkeit. Das liegt vor allem an der Wirtschaftslage und einer veränderten Struktur des Arbeitsmarktes.
Dresden - Die Arbeitsverwaltung in Sachsen rechnet für dieses Jahr mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Man werde sich eher in Richtung „Sieben Komma“ bewegen als in Richtung „Fünf Komma“, sagte Klaus-Peter Hansen, Chef der Arbeitsagentur im Freistaat, am Mittwoch in Dresden. Im Dezember lag die Arbeitslosenquote bei 6,2 Prozent und damit 0,1 Prozentpunkte über dem Wert von November. Bundesweit befindet sich Sachsen mit dieser Quote im Mittelfeld. Man habe im vergangenen Jahr in keinem Monat die Marke von sechs Prozent unterschritten, betonte der Behördenchef.
„In Anbetracht der wirtschaftlichen Lage, der bestehenden Risiken und Rahmenbedingungen ist der sächsische Arbeitsmarkt im Jahr 2023 noch gut davongekommen“, so Hansen. Für 2024 rechne er aufgrund der vorherrschenden Unsicherheiten aber mit weniger guten Nachrichten vom Arbeitsmarkt. Daran werde sich auf mittlere Sicht leider wenig ändern.
„Auf der einen Seite werden in vielen Branchen Fach- und Arbeitskräfte gesucht. Der Bedarf wird voraussichtlich auch im Jahr 2024 hoch bleiben. Gleichzeitig steigt die Zahl der Arbeitslosen“, erklärte Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Es müsse noch besser gelingen, die beiden Seiten des sächsischen Arbeitsmarktes zusammenzubringen. „Menschen, die ihren Job verlieren, dürfen nicht lange ohne Arbeit bleiben. Weiterbildung und die Hebung aller Beschäftigungspotenziale sind besonders wichtig. Hier setzen wir mit aller Kraft an.“
Hansens Bilanz für das vergangene Jahr fiel durchwachsen aus. „2023 ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich Risiken und Chancen einer Transformation zeigen“, sagte Hansen. Bei der Beschäftigung habe man den Höhepunkt erreicht. „Wir haben den Gipfel erklommen.“ Vor allem die Struktur der Beschäftigung habe sich verändert. Rückgänge seien vor allem im produzierenden Bereich zu verzeichnen. Hansen verwies auf Faktoren wie hohe Energiepreise, die Kostenstruktur der Firmen und Rückgänge des Auftragsvolumens. „Ich sehe die Entlastung nicht.“
Insgesamt waren am Jahresende 2023 mehr als 132.000 Männer und Frauen im Freistaat ohne einen Job. Binnen Jahresfrist wuchs ihre Zahl um 9875 oder 8,1 Prozent. Im Jahresdurchschnitt weist die Statistik mit rund 131.000 Arbeitslosen etwa 12.900 Betroffene mehr aus als im Durchschnitt des Jahres 2022.
Regional gibt es in Sachsen deutliche Unterschiede. Die geringste Arbeitslosenquote hatte im Dezember der Landkreis Mittelsachsen mit 5,0 Prozent, die höchste der Landkreis Görlitz (8,7 Prozent) und die Stadt Chemnitz (8,5). Im Fall von Chemnitz führte Hansen das vor allem auf den hohen Anteil arbeitsloser Ausländer zurück. Da die Mietpreise in Chemnitz vergleichsweise niedrig seien und die Stadt genügend Wohnraum biete, blieben viele Menschen nach der Erstaufnahme in der Stadt. Im Fall von Görlitz sei die Möglichkeit zum Auspendeln in andere Regionen durch die Grenzlage eingeschränkt.
Im Dezember waren in Sachsen 11.871 Flüchtlinge aus der Ukraine arbeitslos gemeldet, 16,5 Prozent mehr als vor einem Jahr. Der Anteil von Ausländern an der Arbeitslosigkeit sei kontinuierlich gestiegen, hieß es. Sie würden die unmittelbaren Voraussetzungen für eine Beschäftigungsaufnahme nicht erfüllen. Hansen verwies auf mangelnde Sprachkenntnisse und eine fehlende Anerkennung von Abschlüssen. Die Quote ausländischer Arbeitsloser sei auf über 25 Prozent gestiegen. Der Ausländeranteil an der Beschäftigung liegt in Sachsen bei acht Prozent, bundesweit sind es 15 Prozent.