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Bayern Bayern: Mann ersticht seine Familie und tötet sich dann selbst

Von Klaus Tscharnke 04.08.2006, 06:07

Großenried/dpa. - Am Stammtisch des «Roten Ochsen» herrscht auch nach Stunden Fassungslosigkeit: «Bisher haben wir immer geglaubt, so was gibt's nur weit entfernt - auf einmal passiert es mitten imeigenen Ort», sagt ein Mann ratlos. Geschockt und ratlos - soreagieren am Donnerstagabend viele Bewohner der 600-Seelen-Ortschaft Großenried im bayerischen Landkreis Ansbach, als sie von dem Familiendrama in einem umgebauten Bauernhof im Dorfzentrum erfahren. Polizei- und Leichenwagen bestimmen noch bis in den späten Abend das Bild im Ort.

In dem schmucken Wohnhaus des früheren Gehöfts hatten von Nachbarnverständigte Streifenbeamte am frühen Donnerstagabend eine grausigeEntdeckung gemacht: In beiden Stockwerken des Gebäudes fanden siefünf Leichen - blutüberströmt und übersät mit Schnitt- undStichwunden, wie Polizeisprecher berichteten. Inzwischen habenKripobeamte kaum noch Zweifel, dass der 37-jährige Bewohner seinegleichaltrige Frau, seine acht und zwölf Jahre alten Kinder und seine62-jährige Mutter umgebracht hat, bevor er sich selbst mit einemMesser tötete.

Die Dorfbewohner trifft die Nachricht von dem Familiendrama wieein Schlag: «Man begreift's nicht», sagt eine ältere Nachbarin, derenSohn mit dem 37-Jährigen eng befreundet war. «Das waren nette Leute,die haben immer freundlich gegrüßt.» Auch Franz Fischer, der direktneben dem Haus der Familie wohnt und die Nachbarn gut kannte,versteht die Welt nicht mehr: «Ich kann mir gar nicht vorstellen, wasda vorgefallen ist. Ich war oft bei der Familie. Die Kinder habensich immer gefreut, wenn ich kam», erzählt der Mann. Und: «Mich kannso schnell nichts erschüttern. Aber das schockt mich schon.»

Auch Bechhofens Bürgermeister Dieter Distler zeigte sich ratlos:«Eine traurige Angelegenheit. Wahrscheinlich wird man die genaueUrsache nie feststellen», meint er. An eine Tat aus heiterem Himmelglaubt er nicht: «Wenn jemand seine ganze Familie umbringt, da mussschon was gewesen sein», vermutet das Gemeindeoberhaupt, das dieFamilie allerdings nicht kannte.

Das in freundlichem Gelb gestrichene Wohnhaus, der gepflegteKräuter- und Gemüsegarten sowie die üppige Blütenpracht der Geranienauf dem Holzbalkon lassen auf den ersten Blick auf geordneteVerhältnisse schließen. Polizeisprecher Johann Schlackl stützt diesenEindruck: «So ordentlich wie das Haus von außen wirkt, so ist es auchInnen: Alles ist ordentlich gepflegt», berichtete er.

Im «Roten Ochsen» ist jedoch von «schwierigenFamilienverhältnissen» die Rede. Der 37-Jährige, den alle im Dorfkannten, sei zwar nicht oft im Gasthaus gewesen. Aber wenn er kam,sei deutlich geworden, dass der Familienvater «nicht mehr derselbewar wie früher», lässt der Wirt durchblicken. Das Wort von «geistigerVerwirrung» macht die Runde. Offenbar habe der Mann den Selbstmordseines Bruders vor einigen Jahren nicht verkraftet, vermuten einige.Jedenfalls habe seitdem in der Familie der Haussegen schief gehangen,wollen andere wissen.

Für einige scheint zumindest der Zeitpunkt des Familiendramas keinZufall zu sein: Der Küchenhersteller in der Region, bei dem der 37-Jährige in der Produktion beschäftigt war, hat seit Anfang der WocheWerksferien. So auch sei es zu erklären, vermuten manche, dass dasFamiliendrama möglicherweise zwei Tage lang unentdeckt blieb. «Sonsthätte ja bestimmt gleich jemand von der Firma nachgefragt.» Erst alsam Donnerstag ein Nachbar gebeten wurde, bei der Familie nach demRechten zu sehen, wurde das grausige Verbrechen offenbar.