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Fachkongress in Goslar Bahn will weiter auf Vielfalt setzen

Meist stehen beim Verkehrsgerichtstag Themen rund um das Auto im Mittelpunkt. In diesem Jahr beschäftigten sich die Fachleute auch mit der Bahn.

Von dpa Aktualisiert: 30.01.2025, 15:18
Vielfältigkeitsprogramme helfen laut Bahn-Vorstand Martin Seiler dabei, Mitarbeiter zu gewinnen.
Vielfältigkeitsprogramme helfen laut Bahn-Vorstand Martin Seiler dabei, Mitarbeiter zu gewinnen. Swen Pförtner/dpa

Goslar - Auch die Bahn steht neben Autothemen in diesem Jahr beim Verkehrsgerichtstag in Goslar im Fokus. Zur offiziellen Eröffnung des Fachkongresses mahnte Bahn-Vorstand Martin Seiler, trotz Wirtschaftskrise nicht auf Vielfältigkeitsprogramme zu verzichten. Sie würden etwa dabei helfen, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gewinnen und zu halten, sagte der Personalchef der Deutschen Bahn (DB). So habe sein Unternehmen in den vergangenen Jahren seinen Frauenanteil auf rund 25 Prozent gesteigert oder rekrutiere aktiv Mitarbeiter aus dem Ausland und helfe ihnen bei der Integration.

DB-Personalvorstand Seiler sprach im welterbegeschützten Kaiserpfalzgebäude über die Sanierung bei der Bahn. Neben dem maroden Schienennetz sollen demnach in den kommenden Jahren auch die Betriebsabläufe und die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Dazu setze das Unternehmen auch auf Künstliche Intelligenz, etwa um Termine für Vorstellungsgespräche zu finden oder Dienstpläne zu erstellen. Das mache das Unternehmen effizienter, steigere aber auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Bis Freitag debattieren in Goslar Fachleute aus Justiz, Wissenschaft, Behörden und Verbänden über Themen des Verkehrsrechts und der Verkehrssicherheit. Der jährliche Kongress zählt zu den wichtigsten Treffen von Verkehrssicherheitsexperten in Deutschland. Er endet am Freitag mit Empfehlungen an den Gesetzgeber. Neben zahlreichen Themen, die das Auto betreffen, geht es auch um den Schienenersatzverkehr bei der Bahn.

Sind Reisende ausreichend geschützt?

Letztlich gehe es dabei auch darum, welche EU-Verordnungen greifen, sagte der Präsident des Verkehrsgerichtstages Ansgar Staudinger. So gebe es einzelne Verordnungen für Bahn- und Busreisende. „Welche dieser Verordnungen aber beim Ersatzverkehr greift, ist nicht ganz klar.“ Möglicherweise gebe es dabei auch Unterschiede zwischen geplanten und spontan notwendigen Schienenersatzverkehren. 

„Wir brauchen bessere und klarere Regelungen“, sagte auch Rechtsanwalt Gerhard Hillebrand vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Es gehe darum, wie und in welchem Umfang Fahrgäste über Einschränkungen und Ausfälle informiert werden müssten und ob die bestehenden Regelungen ausreichend sind, „um die Rechte der Fahrgäste wirksam zu schützen und durchzusetzen.“

Streckensperrungen im Bahnverkehr nehmen zu

Hintergrund ist, dass die Zahl der baustellenbedingten Streckensperrungen in den vergangenen Jahren zugenommen haben, wie unter anderem die Deutsche Bahn und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen mitteilten. Zudem nehme nicht zuletzt wegen des Klimawandels auch die Zahl spontaner Streckensperrungen zu, sagte Bahn-Vorstand Seiler. Dazu komme es etwa, wenn Gleise bei Hochwasser unterspült werden.

Nach Angaben der Deutschen Bahn wird am deutschen Bahnnetz derzeit so viel gebaut wie noch nie. An Spitzentagen gebe es mehr als 1.000 Baustellen. Allein als Ersatz für Regionalzugverbindungen der Deutschen Bahn gibt es daher im Schnitt 2.300 Ersatzbus-Fahrten pro Tag, wie die Bahn im Oktober mitteilte.

Pro Bahn forderte bessere Informationen für Reisende

Probleme gebe es vor allem bei der Information der Reisenden. Diese müsse besser werden, fordert der Fahrgastverband Pro Bahn. Wenn Züge durch Busse ersetzt werden, brauche es rechtzeitige Informationen für die Reisenden - und dies nicht nur über die Bahn App.

Die Entschädigungsregeln seien hingegen weitestgehend klar. Bei länger geplante Bauarbeiten und Ersatzverkehren besteht etwa kein Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung, wie Pro Bahn mitteilt. Bei kurzfristigen Ersatzverkehren und damit verbundenen Verspätungen könne es aber einen Anspruch auf eine teilweise Erstattung geben - sofern nicht beispielsweise eine extreme und nicht vorhersehbarer Wetterlage der Grund ist.

Schlichtungsstelle hilft bei Streitigkeiten

Im Einzelfall führt das immer mal wieder zu Konflikten, bei denen die Schlichtungsstelle Reise und Verkehr helfen kann. Im vergangenen Jahr gab es dort dazu 6.500 Anträge und damit rund ein Fünftel mehr als im Vorjahr, wie die Schlichtungsstelle Anfang Januar mitteilte. Es sei dabei vor allem um Zugausfälle und Verspätungen gegangen. Allein die Deutsche Bahn hat eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag an Erstattungen infolge von Verspätungen ausgezahlt.