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Baden-Württemberg Baden-Württemberg: Gunther von Hagens bleibt umstritten

Von Stephen Wolf 03.01.2009, 15:56
Der Plastinator Gunther von Hagens spritzt am 15.05.05 in Heidelberg die aus dem Neunkirchner Zoo stammende tote Elefantenkuh Samba mit Wasser ab. (FOTO: DDP)
Der Plastinator Gunther von Hagens spritzt am 15.05.05 in Heidelberg die aus dem Neunkirchner Zoo stammende tote Elefantenkuh Samba mit Wasser ab. (FOTO: DDP) ddp

Heidelberg/ddp. - Unter dem Titel «DerZyklus des Lebens» werden überwiegend menschliche Körper und Organegezeigt, die den Alterungsprozess veranschaulichen sollen. Von Hagens«Plastinarium» im brandenburgischen Guben bleibt bis Frühjahr 2010geschlossen - wegen Modernisierungsarbeiten, so die Betreiber.

1993 hatte der Anatom in Heidelberg ein Institut für Plastinationgegründet und dort die Basis für seine inzwischen weltweit gezeigtenLeichenplastinate gelegt. Die Ausstellung in Heidelberg, die auch inweiteren Städten im deutschsprachigen Raum gezeigt werden soll, wird200 plastinierte Körper und Präparate umfassen, wieAusstellungskuratorin Angelina Whalley sagt.

Die 48-jährige Medizinerin ist mit von Hagens verheiratet undkonzipiert seit Jahren die «Körperwelten». Sie geht davon aus, dassder «Zyklus des Lebens» etwa 350 000 Besucher anziehen wird. Nebendem wissenschaftlichen Interesse gehe es auch darum, den Besuchern«ein tieferes Verständnis für den eigenen Körper zu vermitteln», sagtWhalley. Dabei räumt sie ein, dass sich besonders sensible Menschendie Leichen nicht unbedingt ansehen sollten. «Aber Besucher, dieunsere früheren Ausstellungen besucht haben, zeigten sich immerwieder überrascht über die Ästhetik und reagieren tief bewegt»,betont die Kuratorin.

Sie und ihr Mann hätten den Eindruck gewonnen, dass zahlreicheBesucher einen Bewusstseinswandel erlebten. «Viele gabenbeispielsweise an, sie hätten intensiver darüber nachgedacht, wie siegesundheitsbewusster leben können», fügt Whalley hinzu. Doch jenseitssolcher Eindrücke sorgen die ausgestellten Exponate noch immer fürheftige Kritik in Deutschland. Seit die erste«Körperwelten»-Ausstellung 1996 im Mannheimer Landesmuseum für Arbeitund Technik zu sehen war, hat sich eine breite Allianz gegen vonHagens und die teilweise skurril stilisierten Leichen gebildet.

Zu den Kritikern gehört neben den Kirchen die DeutscheHospizstiftung. Sie argumentiert, die Ausstellungen führten zu einer«Entfremdung des Sterbens». Auch die Deutsche Gesellschaft fürPathologie beanstandet das Konzept. Der Plastinator degradiere denmenschlichen Körper zum Objekt der Sensationslust. Das verletze «diegrundgesetzlich garantierte Würde des Menschen», monieren diePathologen.

In der Vergangenheit hatten Darstellungen für Unmut gesorgt, beidenen plastinierte Körper so wirkten, als gingen sie sportlichenTätigkeiten nach. So war auf Plakaten ein Leichnam als Rennläufer zusehen. Das lasse erkennen, «dass das wissenschaftlicheAufklärungsinteresse überlagert wurde von künstlerischen Ambitionendes Plastinators», sagte damals der Landesbischof der evangelischenKirche Baden, Ulrich Fischer. Dass sich die Haltung der Kirchen nichtgeändert hat, macht der Sprecher der evangelischen LandeskircheWürttemberg, Christian Tsalos, deutlich: «Aus unserer Sicht sinddiese Ausstellungen ein Spektakel, bei dem Tote in würdeloser Art undWeise zur Schau gestellt werden.»

Nach Angaben der Stadt Heidelberg gibt es keine besonderenAuflagen für die neue Ausstellung. Wie üblich werde das Ordnungsamtlediglich die Sicherheit überprüfen, heißt es aus dem Rathaus. DerVerwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte 2005 entschieden, dassGunther von Hagens seine Ausstellungen ohne vorherigeGenehmigungserteilung zeigen darf. Die Stadtverwaltung Stuttgart, die2003 die Ausstellung bestimmter Exponate verboten hatte, unterlagdamit den klagenden Ausstellungsmachern.

Der umstrittene Leichen-Plastinator Gunther von Hagens, aufgenommen mit dem Plastinat «Der Läufer» in seiner Ausstellung «Körperwelten» in Frankfurt/Main am 01.05.04. (FOTO: DDP)
Der umstrittene Leichen-Plastinator Gunther von Hagens, aufgenommen mit dem Plastinat «Der Läufer» in seiner Ausstellung «Körperwelten» in Frankfurt/Main am 01.05.04. (FOTO: DDP)
ddp