Bad Aibling Bad Aibling: Fahrdienstleiter legt Geständnis im Prozess um Zugunglück ab

Traunstein - Im Prozess um das Zugunglück von Bad Aibling mit zwölf Toten hat der angeklagte Fahrdienstleiter ein Geständnis abgelegt. Der 40 Jahre alte Michael P. räumte am Donnerstag zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Traunstein das fehlerhafte Setzen von Signalen ein. Er gestand auch, trotz eines Verbots während der Arbeit mit dem Handy gespielt zu haben. Ein Nebenklageanwalt warf P. ein taktisches Geständnis vor.
Am Faschingsdienstag waren bei Bad Aibling zwei Meridian-Züge frontal zusammen gestoßen. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass der Fahrdienstleiter allein für das Unglück verantwortlich ist. Dieser ist deshalb unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Ihm drohen in dem bis zum 5. Dezember geplanten Prozess bis zu fünf Jahre Haft.
Notruf über falsche Taste abgesetzt
Laut dem von der Verteidigung verlesenen Geständnis räumt P. die in der Anklage aufgeführten sogenannten Dienstverfehlungen ein. Dazu zählten sie die nicht vorgesehene Erlaubnis zur Durchfahrt für einen der Züge auf der eingleisigen Strecke, das Setzen eines Sondersignals und ein fehlerhafter Notruf. Laut Anklage hatte P. noch rechtzeitig zum Verhindern des Unfalls einen Notruf abgesetzt. Da er aber eine falsche Taste drückte, kam dieser nicht bei den Zugführern an, weshalb diese nicht mehr bremsen konnten.
Verteidigerin Ulrike Thole sagte, ihr Mandant räume auch ein, unerlaubt während der Arbeit mit seinem Handy gespielt zu haben. P.s Verteidigung ergänzte das Geständnis mit dem Hinweis, dass ihr Mandant eine Verletzung der Sorgfaltspflicht gestanden habe. Es bleibe im Prozess aber zu klären, inwieweit er sich auch pflichtwidrig verhalten habe. Für das Strafmaß könnte auch maßgeblich werden, inwieweit die technischen Bedingungen bei der Bahn mit ursächlich für den Unfall waren.
Nebenkläger reagieren unterschiedlich auf Geständnis
P. ließ sein Geständnis von seinen Verteidigern verlesen. Er wandte sich aber mit einigen persönlichen Worten auch direkt an die Hinterbliebenen der zwölf Toten und an die 89 Verletzten. Er wisse, dass die Familien großes Leid erfahren hätten, sagte der 40-Jährige. „Ich weiß, dass ich das nicht mehr rückgängig machen kann, auch wenn ich mir nichts anderes wünschen täte.“ P. verweigerte weitere Antworten zur Sache. Bei den Nebenklägern löste das Geständnis unterschiedliche Reaktionen aus. Der bei dem Unfall mit einem Nasenbeinbruch, einer Gehirnerschütterung und Prellungen vergleichsweise leicht verletzte 23 Jahre alte Thomas Staudinger sagte vor Journalisten: „Man merkt, dass das von Herzen kommt.“ Es habe ihn gefreut, dass der Angeklagte gestanden habe. Vorwürfe mache er P. auch trotz seines Handyspielens nicht.
Dagegen sagte der Nebenklageanwalt Peter Dürr der Nachrichtenagentur AFP, das Geständnis sei sehr taktisch gewesen. P. habe nur das gestanden, was ihm auch objektiv nachzuweisen sei. „Die eigentlich spannende Frage blieb unbeantwortet.“ Damit meinte Dürr, wie intensiv P. mit seinem Handy spielte und wie abgelenkt er tatsächlich war. Dies ließ sich bisher nicht vollständig rekonstruieren. Dürr verwies darauf, dass sich aus Aussagen des Angeklagten bei der Polizei ergebe, dass er auch schon früher trotz Verbots während der Arbeit gespielt habe. P. verweigerte auf Nachfrage des Gerichts aber auch eine Antwort darauf, wie intensiv er sein Handy insgesamt nutzte. (afp)