Ausstellung Ausstellung: Totes Paar beim Sex sorgt für Aufregung

Berlin/dpa. - Nun überschreitet er eine weitere Grenze: In seiner neuenAusstellung «Körperwelten & Der Zyklus des Lebens» zeigt der 64-Jährige von diesem Donnerstag an in Berlin erstmals die plastiniertenKörper eines toten Mannes und einer toten Frau beimGeschlechtsverkehr. Diese Darstellung erzürnt viele Menschen, nochbevor die Schau öffentlich zu sehen ist.
Empört verlangte etwa der CDU-Bundestagabgeordnete Kai Wegner amMittwoch in der «Bild»-Zeitung, die Staatsanwaltschaft müsse prüfen,«ob eine derartig abstoßende Darstellung mit unserem Rechtssystemvereinbar» sei. Von Hagens verteidigte das Plastinat «Der schwebendeAkt» hingegen mit seinem Standardargument, es werde ein Teil desmenschlichen Lebens dargestellt. Die Berliner Schau ist bis zum 30.August im Postbahnhof am Ostbahnhof zu sehen.
Wenn von Hagens seine Plastinate in den vergangenen Jahrenirgendwo in einer Ausstellung zeigte, gab es stets Diskussionen umdie ethischen Grenzen für eine derartige Schau. Es kam auch schon zuGerichtsverfahren. Auch den Wirbel um den plastiniertenGeschlechtsakt dürften die Ausstellungsmacher vorhergesehen, wennnicht mit Blick auf die Kasse kühl kalkuliert haben. Denn «Derschwebende Akt» - bei dem eine Frau auf einem liegenden Mann sitzt -ist erst am Ende des Rundgangs in einem gesonderten Raum zu sehen.
Dazu habe man sich entschieden «aus Respekt vor denjenigen, dieeine solche Darstellung eventuell anstößig finden», sagte KuratorinAngelina Whalley bei einer Vorbesichtigung am Mittwoch. «Man musssich dem nicht aussetzen, wenn man nicht will.» Jugendliche unter 16Jahren dürften außerdem nur mit Erlaubnis einesErziehungsberechtigten den Raum betreten. Fotografieren und Filmenist ganz verboten.
Die übrige Ausstellung mit mehr als 200 Plastinaten widmet sichder Entstehung und dem Verlauf des Lebens. Den Anfang machenNachbildungen von Embryonen in verschiedenen Schwangerschaftswochen.Dann folgen Schautafeln zu verschiedenen Aspekten des Alterns und wiewichtig gesunde Ernährung und Bewegung für das Erreichen eines hohenAlters sind. Dazwischen stehen immer wieder von Hagens' Plastinate,die in dem Wirrwarr zwischen Schautafeln und kleineren Exponaten fastein wenig untergehen. Sie zeigen beispielsweise einen Rugby-Spieler,einen springenden Tänzer und einen Kutscher, der vor sich vierRentiere antreibt.
Bei einem der ersten Plastinate, einer Turnerin auf einemSchwebebalken, steht Rita Engelhartt. Wie auf einem Schild an ihrerBrust zu lesen ist, ist die 67-jährige Besucherin mit der hellrosaJacke und den kurzen, grauen Haaren Körperspenderin. «Ich möchte derNachwelt etwas Gutes tun und meinen Körper für Studenten, Ärzte oderauch für Herrn von Hagens zur Verfügung stellen», sagt dieBerlinerin. Die erste «Körperwelten»-Schau in der Hauptstadt 2001habe sie sich zwar noch nicht «antun» wollen, doch nach einem Besuchin von Hagens Werkstatt im brandenburgischen Guben sei sie fasziniertvon dessen Arbeit und habe bereits die nötigen Formulareunterschrieben.
Alles jedoch will sie nach ihrem Tod nicht mit ihrem Körper machenlassen, wie Engelhartt ergänzt. «Nein, so etwas wie da drüben kannich mir nicht vorstellen», sagt die 67-Jährige und deutet in Richtungdes «Schwebenden Akts». «Das wäre mir zu pietätlos.»