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Ausstellung «Körperwelten» Ausstellung «Körperwelten»: Von Hagens: Habe keine Hingerichteten plastiniert

22.01.2004, 13:18
Gunther von Hagens während der Pressekkonferenz in Frankfurt/Main.(Foto:dpa)
Gunther von Hagens während der Pressekkonferenz in Frankfurt/Main.(Foto:dpa) REUTERS

Frankfurt/Main/dpa. - DasNachrichtenmagazin «Der Spiegel» hatte berichtet, von Hagens habe inChina in großem Stil Leichen zum Verkaufen und Präsentierenaufbereitet, darunter auch die Körper von Hingerichteten. Bei einerInventur in seinem fabrikartigen Unternehmen im nordwestchinesischenDalian am 12. November 2003 seien 647 Leichen gezählt worden.

«Ich habe niemals Hingerichtete zu Präparaten verarbeitet», sagtevon Hagens. «Ich kann aber nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dassnicht die eine oder andere Leiche von Hinrichtungsopfern im Institutangeliefert wurde.» Das Institut für Plastination der UniversitätDalian, mit dem seine chinesische Firma eng zusammenarbeite, nehme«herrenlose Leichen» von der Polizei an. «Das ist ein ganz normalesVerfahren, wie es auch in Deutschland bis in die 80er Jahre üblichwar.» Er habe seinen Mitarbeitern in China aber untersagt,Hinrichtungsopfer anzunehmen, beteuerte von Hagens.

Neben den Leichen, die er für die «Körperwelten» erwirbt,verarbeitet von Hagens in seinem Plastinations-Unternehmen auch Totezu Studienobjekten für Universitäten oder Fachschulen. «Ich pflegeGeschäftsbeziehungen mit 400 Universitäten in 40 Ländern», sagte derMediziner. Seine chinesischen Partner kauften Körper, plastiniertensie und lieferten sie an die Kunden aus. Er habe damit 400Arbeitsplätze weltweit geschaffen. Wie viele Leichen seineMitarbeiter bisher präpariert haben, konnte von Hagens nicht sagen.

In der Wanderausstellung, die seit einer Woche in Frankfurt zusehen ist, stünden jedoch keine Präparate von Hingerichteten. Fürweitere «Körperwelten»-Ausstellungen habe er noch rund 250 gespendeteKörper auf Lager, allerdings sei nur einer aus China. Als«Körperspenden» betrachtet von Hagens auch von der Polizei oder derStaatsanwaltschaft freigegebene Körper, zum Beispiel vonSelbstmördern.

Dass bei einer Revision in seiner Firma in Dalian knapp 650Leichen - einige davon mit Schussverletzungen und aufgeschnittenenBäuchen - gefunden wurden, wie der «Spiegel» berichtete hatte, gabvon Hagens zu. «Aber nicht jede Leiche mit einem Schussloch ist einHinrichtungsopfer.» Die Identität der Toten sei nichtnachvollziehbar, die Leichen würden unwiderruflich anonymisiert.Daher sei deren Herkunft nicht zu beweisen. Vor Beginn derVeranstaltung demonstrierte die Deutsche Hospiz Stiftung mit Sarg undFriedhofskerzen, um die Plastinate symbolisch zu bestatten.

Nach den neuen Vorwürfen wurden die kritischen Stimmen, die dieAusstellung von Anfang an begleiteten, immer lauter. «Leichname sindkeine Rohstoffe und keine Handelsware», heißt es in einer Mitteilungder Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte vom Donnerstag.Der Mainzer Jurist Prof. Uwe Volkmann sagte am Mittwochabend inFrankfurt, die Schau verstoße gegen das Friedhofs- undBestattungsgesetz. Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft fürPathologie (DGP) verstößt von Hagens gegen medizinethische Regeln. Zuden schärfsten Kritikern gehören die Kirchen.

Die «Körperwelten»-Ausstellung wurde 1996 zum ersten Mal gezeigt.In Deutschland war sie erstmals 1997 in Mannheim zu sehen. Weltweithaben laut Veranstalter 13,5 Millionen Interessierte die Schaugesehen. Stationen in Deutschland waren Köln, Oberhausen, Berlin,München, Stuttgart und Hamburg. In Frankfurt gastiert die Schau bis18. April in der Naxos-Halle im Stadtteil Fechenheim. An den erstensieben Tagen waren 17 000 Menschen gekommen.