1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Kommunen: Ausgaben für Erziehungshilfen stark gestiegen

Kommunen Ausgaben für Erziehungshilfen stark gestiegen

Mehr Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdungen, komplexere Probleme, mehr Geld fürs Personal - die Jugendhilfe wird für die Landkreise immer teurer.

Von dpa 17.02.2024, 08:53
Eine Frau geht an einem Jugendamt vorbei.
Eine Frau geht an einem Jugendamt vorbei. Bernd Weissbrod/dpa

Halle/Magdeburg - In Sachsen-Anhalt müssen die Landkreise und kreisfreien Städte immer mehr Geld für die Jugendhilfe aufwenden. In den meisten Regionen haben sich die Ausgaben in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, in wenigen sogar verdreifacht, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Im Landkreis Wittenberg sind die Hilfen zur Erziehung beispielsweise von 15 Millionen Euro im Jahr 2014 auf rund 29 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen. „Das ist nicht nur ein großes wirtschaftliches Problem in Zeiten klammer Kassen. Viel dramatischer ist jedoch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die sich dahinter verbirgt“, sagte Landrat Christian Tylsch (CDU). Hier brauche es eine Fokussierung auf präventive Maßnahmen.

Im Burgenlandkreis und in Magdeburg haben sich die Ausgaben verdreifacht. Die Kosten für Hilfen zur Erziehung inklusive Eingliederungshilfe, Hilfen für junge Volljährige und Inobhutnahmen lagen in der Landeshauptstadt im vergangenen Jahr bei rund 61 Millionen Euro. 2014 waren es noch rund 19 Millionen Euro. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld gab es in diesem Zeitraum einen Sprung von rund 11 auf etwa 24 Millionen Euro.

Ursachen für die gestiegenen Ausgaben gibt es mehrere. Zum einen sind die Personalkosten nach Tarifabschlüssen gewachsen und es wurden Leistungen ausgeweitet. In vielen Bereichen haben sich aber auch die Fallzahlen erhöht und die Fälle sind komplexer geworden. Im Landkreis Stendal stieg die Zahl der gemeldeten Kindeswohlgefährdungen beispielsweise von 72 (im Jahr 2014) auf 246 (2023), im Burgenlandkreis von 269 (2014) auf 558 (2023), im Landkreis Mansfeld-Südharz von 302 (2019) auf 630 (2023), im Jerichower Land von 6 (2014) auf 86 (2023).

In einem Flächenlandkreis sei es zudem eine besondere Herausforderung, den Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Angeboten der Jugendhilfe zu gewährleisten, sagte der Landrat des Altmarkkreises Salzwedel, Steve Kanitz (SPD). Wegen der häufig eingeschränkten Mobilität der Zielgruppe müssten Angebote vor Ort geschaffen werden. „Dies ist für den Landkreis mit einem erhöhten zeitlichen, personellen und vor allem auch finanziellen Auswand verbunden.“

Im Saalekreis haben sich beispielsweise auch die Kosten für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge fast verdoppelt. Während 2019 rund 1,57 Millionen Euro fällig wurden, waren es 2023 etwa 2,96 Millionen Euro. Die Hilfen zur Erziehung haben sich seit 2014 auf rund 21 Millionen Euro verdoppelt.

„Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Beratung und Hilfe von Jugendämtern heute eher in Anspruch genommen und dorthin durch Dritte vermittelt wird“, sagte Jugendamtsleiterin Antje Springer. „So kann Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe angeboten werden, womit teurere Hilfen zu einem späteren Zeitpunkt vermieden werden.“

Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), sagte, die Ausgaben im Bereich Jugendhilfe machten inzwischen rund ein Drittel des Kreishaushaltes aus. Die Schwere der Fälle und damit auch die Kosten pro Fall würden zunehmen. „Wir haben immer mehr Systemsprenger.“ Zum Teil hätten die Jugendämter Probleme, Hilfen für diese Menschen zu organisieren. Dies hänge auch damit zusammen, dass die Zahl der freien Träger gesunken sei. „Die Lage in der öffentlichen Jugendhilfe ist hoch angespannt.“