Attraktion in Bayern Attraktion in Bayern: Kraftsuche im Kornkreis

Raisting - Wenn es wirklich die Außerirdischen waren, dann haben sie einen Sinn für das Schöne. Sanfte grüne Hügel hat die Landschaft hier und viele Seen. Die Alpenkette breitet sich bläulich schimmernd aus im Süden. Und mitten im Idyll, in einem Weizenfeld, ist nun dieses Zeichen aufgetaucht: das Getreide streng geometrisch plattgedrückt, so dass ein Kreis entstanden ist, darin drei weitere Kreise, in Kleeblattformation, umgeben von einem Rautenmuster. Es ist ja Bayern hier. Das Kleeblatt sieht von oben aus wie ein Comic-Affe oder ein Panda.
„Gleich werden wir hochgebeamt”
Aber das sieht man von unten ja nicht, da sieht man erst einmal nur einen Weg ins Feld. „Betreten auf eigene Gefahr“ steht auf einem Schild. „Gleich werden wir hochgebeamt“, sagt eine Besucherin.
Vor gut zwei Wochen ist der Kornkreis aufgetaucht in Raisting, angeblich über Nacht, auf dem Feld des Milchbauern Christoph Huttner. Woher der Kreis kommt, ist unklar. Handarbeit vermuten die einen, Wetterphänomene oder Übersinnliches andere. Direkt nebenan stehen – nicht ganz so idyllisch, aber eine klare Verbindung ins All – die riesigen Parabolantennen einer Erdfunkanlage.
Was auch immer der Ursprung war: Seitdem ist es voll auf dem Feld. Täglich kommen bis zu 2000 Besucher. Neugierig die einen, auf der Suche nach höheren Mächten oder ungewöhnlichen Kräften die anderen. Mit dem Auto kommen die meisten, andere Bauern haben ihre Wiesen als Parkplatz hergegeben, weil die Straßen nicht ausreichen. Die Huttners haben eine Spendenbüchse aufgestellt, es entgeht ihnen ja ein Teil der Ernte.
Es kommt der Niederländer Gerardus Knerlich mit seiner Frau. Die hat eigentlich ein schmerzendes Bein. Auf dem Weg zum Feld aber habe es nicht mehr weh getan. Es kommt der 21-jährige Viktor Hermann aus Nördlingen mit seinen Freunden Riccardo und Benjamin. Ein Händler, ein Pizzabäcker, ein Drucker, große Ketten, lässige Frisuren. Zwei Stunden sind sie hierher gefahren, um einfach mal zu schauen. „So was passiert doch sonst nur in Amerika“, sagt Hermann. Er ist ein bisschen enttäuscht. „Gespürt haben wir nichts.“
Heiler kommen aus der Schweiz
Es kommt der Schweizer Pascal K’in Greub, der sich Heiler nennt und „Mystic Coach“. Er ist auf einer Workshop-Reise durch Deutschland, der Kornkreis lag auf dem Weg. Er steht am Rande des Feldes und sagt sanft: „Spürst du es nicht? Da ist schon eine Kraft. So ein Vibrieren.“
Es ist ein heißer Sommertag, die Leute gehen im Feld umher. Manche haben die Schuhe ausgezogen, einige tragen Schirme gegen die Sonne, wie beim Sonntagsspaziergang von Carl Spitzweg. Unter einem gelben Schirm haben sich Julia und Julian hingesetzt, sie haben sich gerade kennengelernt, hier auf dem Feld. Julian sagt, das mit den Außerirdischen sei gar nicht so unwahrscheinlich. Es gebe auch einen Inder, der Papier mit seinem Blick entzünden könne. Julia sagt, sie glaube, dass bei Harry Potter nicht alles erfunden sei. Einen Weizenflecken weiter wälzt sich der Heiler auf dem Boden. Eine Koreanerin lässt sich in Meditationspose fotografieren. Eine Frau sagt, die vielen Neugierigen störten die Kraftfelder.
Aus den Getreideflächen knackt und knistert es leise. Die Ähren sind reif und platzen auf. Es klingt wie kleine elektrische Entladungen.
Diskussionen zwischen Theologen und Ingenieuren
Ein Ingenieur und ein Theologe diskutieren über den Ursprung der Dinge: „Ich würde das Übersinnliche nicht grundsätzlich ausschließen“, sagt der Ingenieur. Der Theologe entgegnet: „Das ist alles ganz normal: Ein Pflock in die Kreismitte, eine Schnur daran, dann kann man das Muster leicht herstellen. Man muss es halt sorgfältig planen.“
Gar nichts Übersinnliches, Außerirdisches also? „Es ist alles eine Glaubensfrage. In der Theologie hat aber das Außerirdische keinen Platz“, sagt der Theologe. Zur Sicherheit schiebt er nach: „Wenn es etwas Außerirdisches gäbe, wäre es von Gott.“ Der Heiler ist aufgestanden, er hat auf den Platz in der Kreismitte gewartet, der ist nun frei. Der Heiler dreht sich um sich selber, er filmt sich dabei.
Es gab hier schon viele Kornkreise, 2007 der erste im nahen Ort Fischen, noch etwas einfach in der Ausführung, 2013 der nächste, in fortgeschrittener Windrad-Optik. Der Raistinger Rauten-Look wird in ein paar Tagen geerntet. Die Kühe brauchen das Futter.