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Gewalt durch Banden Armut in Deutschland: Konkurrenz unter Verkäufern von Straßenzeitungen wächst

30.03.2018, 06:15
Die Zahl der Verkäufer von Straßenzeitungen nimmt zu.
Die Zahl der Verkäufer von Straßenzeitungen nimmt zu. dpa

Berlin - Sie stehen oft vor Supermärkten oder versuchen ihr Glück in der U-Bahn: Wer arm ist, kann mit dem Verkauf von Straßenzeitungen seine Lage verbessern. 

„Was wir beobachten, ist, dass mehr Menschen mit unserer Zeitung betteln gehen“, sagt Mara Fischer, Vorstand beim Verein Strassenfeger. „Wir haben keine Handhabe dagegen.“ Im vergangenen Jahr seien an manchen Tagen 20 Beschwerden eingegangen. So schlimm sei es nicht mehr, aber das Problem sei immer noch da. Es kommt demnach vor, dass die regulären Verkäufer mit Gewalt durch Banden verdrängt werden. „Wir hatten hier welche, die ein blaues Auge hatten.“ Für ein Eingreifen der Polizei gebe es zu wenig Strafanzeigen, so Fischer.

Mehr als „Bitte, Bitte“

Derzeit hat der Verein viele Anfragen von Leuten, die einen Ausweis zum Zeitungsverkaufen haben wollen. Fischer macht dann den Test. Wer nur „Bitte, Bitte“ sagt und den Bettel-Becher hebt, hat demnach keine Chance. Man müsse kommunizieren können. „Es kann auch Englisch sein.“ Es gebe aber auch Menschen aus Osteuropa, die einen guten Job machten, betont Fischer.

Das Problem mit der Armut, in Berlin etwa an Camps von Obdachlosen sichtbar, ist nicht nur bei den Zeitungen zu spüren: So weiß Fischer von Fällen von ausländischen Arbeitern, die von der Baustelle in die Notunterkunft kommen, weil sie obdachlos sind. Auch beim Magazin „Motz“ kommt es vor, dass eine abgegriffene Zeitschrift als „Bettel-Alibi“ genutzt wird.

In Hamburg wird der Verkauf teilweise verboten

In Hamburg läuft es bei den Straßenblättern anders als in Berlin. In der U-Bahn ist der Verkauf von „Hinz und Kunz“ tabu, wie der Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer erklärt. Stattdessen gibt es 600 feste Stationen, an denen sich die Verkäufer etablieren können. „Wir wollen, dass die Leute kommunizieren.“

Grundsätzlich sei die Armut in den Großstädten immer sichtbarer, so Karrenbauer. Das Spektrum wird größer: Mit den Zeitungsverkäufern konkurrieren Bettler, Straßenmusiker und Flaschensammler. Vor fünf Jahren seien es in Hamburg noch etwa 400 Verkäufer gewesen, mittlerweile habe sich die Zahl bei 530 eingependelt.

Davon seien 150 Menschen aus Osteuropa, eine rumänisch-sprachige Sozialarbeiterin wurde eingestellt. „Missbrauch“ würde er es nicht nennen, wenn ein Bettler eine Zeitung nutzt, um an etwas Geld zu kommen, so Karrenbauer. „Auch diese Menschen sind arm und haben keine Alternative.“ (dpa)