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Sozialleistungen Arbeitspflicht für Bürgergeldbezieher löst Skepsis aus

Sollen Bezieher von Bürgergeld zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden? Solche Forderungen lösen auch in Brandenburg eine kontroverse Debatte aus. Es ist viel Skepsis zu hören.

Von dpa 11.02.2025, 14:12
Sollen Menschen, die Bürgergeld erhalten, zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden? Auch in Brandenburg ist eine kontroverse Debatte entbrannt. (Symbolbild)
Sollen Menschen, die Bürgergeld erhalten, zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden? Auch in Brandenburg ist eine kontroverse Debatte entbrannt. (Symbolbild) Carsten Koall/dpa

Potsdam - Eine auch in Brandenburg diskutierte Arbeitspflicht für Bürgergeldbezieher löst kritische Reaktionen bei Kommunen und Wirtschaft aus. Im Landkreis Barnim setzt sich die CDU im Kreistag mit einem Vorstoß dafür ein, Arbeitsgelegenheiten für Bürgergeldempfänger und anerkannte Asylbewerber zu schaffen. Es gehe dabei um gemeinnützige Arbeit etwa in Vereinen, Parks oder Schulen. 

Im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet die Stadt Schwerin ein Konzept zur möglichen Einführung einer Arbeitspflicht. In Landkreisen in Thüringen wurden einige Asylbewerber bereits zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen.

Brandenburgs Wirtschaftsminister skeptisch

Von einer generellen Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger halte er wenig, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) auf Anfrage. Die Möglichkeit, Bürgergeldbezieher zur gemeinnützigen Arbeit zu verpflichten, also ihnen Ein-Euro-Jobs zuzuweisen, sei nichts Neues. 

„Das setzt aber voraus, dass die Maßnahme zur nachhaltigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist, es darf also keine Dauerlösung sein. In diesem Kontext darf die Maßnahme auch nicht das Entstehen oder Besetzen von "echten" Arbeitsplätzen verhindern, muss also "wettbewerbsneutral" sein.“ 

Zurückhaltung auch beim Landkreistag 

Es seien Lösungen gefragt, die langfristig und nachhaltig wirkten, teilte der brandenburgische Landkreistag in einer Stellungnahme mit. Kurzfristiger Aktionismus -  nicht zuletzt im Vorfeld von Wahlen - sei schon aufgrund der Komplexität des Themas wenig zielführend. Die Maßnahmen müssten sich im Rahmen des geltenden Rechts bewegen. „Ansonsten werden Erwartungen geweckt, die die Landkreise nicht erfüllen können.“

Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Alexander Schirp, sagte: „Es ist richtig, neben dem Fördern von Menschen im Bürgergeldbezug auch das Fordern nicht aus dem Blick zu verlieren. Eine kategorische Arbeitspflicht für Sozialleistungsbezieher würde die Fachkräfte-Probleme der Wirtschaft jedoch kaum lösen.“ Bei diesen Menschen lägen häufig gesundheitliche Einschränkungen vor oder es fehlten die auf dem Arbeitsmarkt gefragten Qualifikationen und nicht zuletzt die notwendige Motivation. 

Kreis-CDU will „Ideenpool für Arbeitsgelegenheiten“ 

Im Antrag der Barnimer Christdemokraten im Kreistag heißt es unter anderem, es solle ein digital zugänglicher Ideenpool für Arbeitsgelegenheiten entwickelt werden. „. Es ist ein Konzept zu erarbeiten, in welches die sozialen Träger sowie die Städte, Gemeinden und Amtsverwaltungen des Landkreises einbezogen werden.“

DGB: Stimmungsmache gegen Bezieher von Bürgergeld

„Es ist unsäglich, wie immer wieder das Klischee vom faulen Arbeitslosen ausgepackt wird“, hatte dazu die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Berlin-Brandenburg, Katja Karger, im Januar gesagt. Sie sprach von einer Stimmungsmache gegen Menschen, die Bürgergeld erhalten. 

Die Mehrheit der Leistungsberechtigten sei gar nicht arbeitslos, sie stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie unter anderem Angehörige pflege, sich um Kindererziehung kümmere oder krank sei.

Drei Viertel der Brandenburgerinnen und Brandenburger hält laut einer Umfrage aus dem Januar eine Arbeitspflicht für Bezieher von Bürgergeld für richtig. Knapp 75 Prozent würden dies befürworten, wie die Befragung des Instituts Insa für „Märkische Allgemeine Zeitung“, „Märkische Oderzeitung“ und „Lausitzer Rundschau“ ergab. 

Wer erwerbsfähig ist und seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken kann, bekommt Bürgergeld. Dazu können neben Arbeitslosen auch anerkannte Geflüchtete zählen. Ukraine-Flüchtlinge gelten sofort als schutzberechtigt und erhalten von Anfang an Bürgergeld.