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Hamas Anschläge auf jüdische Einrichtungen? Festnahmen in Berlin

Hamas-Anschläge auf jüdische Einrichtungen - bisher hat es solche Taten in westlichen Staaten nicht gegeben. Pläne dafür aber wohl schon, so zumindest der Verdacht der Bundesanwaltschaft. Es geht um ein altes Waffenversteck. In Berlin gibt es mehrere Festnahmen.

Von Anne-Beatrice Clasmann und Steffen Trumpf, dpa Aktualisiert: 15.12.2023, 15:07
Eine Polizistin steht neben einem Einsatzfahrzeug.
Eine Polizistin steht neben einem Einsatzfahrzeug. Marijan Murat/dpa/Illustration

Karlsruhe/Berlin - Die Bundesanwaltschaft hat in Berlin und im niederländischen Rotterdam vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Hamas festnehmen lassen. Wie die oberste deutsche Anklagebehörde am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte, sollen sie nach Waffen gesucht haben, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten. Die Festnahmen seien in Zusammenarbeit mit niederländischen Ermittlungsbehörden erfolgt, hieß es.

Laut einer Mitteilung wurden in Berlin drei Männer festgenommen: der ägyptische Staatsangehörige Mohamed B., der im Libanon geborene Ibrahim El-R. sowie der im Libanon geborene Abdelhamid Al A.. Der Älteste der mutmaßlichen Verschwörer, der 1967 geborene niederländische Staatsangehörige Nazih R., wurde von der Polizei in Rotterdam festgenommen.

Den Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Sie sollen „über eine enge Anbindung an Führungskräfte“ des militärischen Flügels der Hamas verfügt haben.

Spätestens ab dem Frühjahr 2023 sei einer der in Berlin ansässigen Beschuldigten damit befasst gewesen, im Auftrag der Hamas ein Erddepot mit Waffen in Europa ausfindig zu machen, das die Organisation dort in der Vergangenheit angelegt habe. Seine Weisungen habe er dafür von Hamas-Führungskadern im Libanon erhalten, teilte die Bundesanwaltschaft mit.

Die Waffen sollten demnach nach Berlin gebracht und für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden. Konkrete Anschlagsziele gab es - nach bisherigem Kenntnisstand der Behörden - noch nicht. Im Oktober hätten sich die drei in Berlin wohnhaften Männer mehrfach von Berlin aus auf die Suche nach den Waffen gemacht. Dabei seien sie von dem nun in Rotterdam festgenommenen Mann unterstützt worden.

Die Aktivitäten der Männer stehen nach Informationen aus Sicherheitskreisen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober. Vielmehr soll der erste Hinweis auf die vier Männer bereits aus dem vergangenen Sommer stammen.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass die Männer als Mitglieder der Hamas Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa geplant haben, wäre dies ein Novum. Bislang war Deutschland für die im Bundesgebiet ansässigen rund 450 Hamas-Mitglieder nach Einschätzung des Verfassungsschutzes ein Rückzugsort, an dem höchstens versucht wurde, Propaganda zu betreiben und Spenden zu sammeln. Um auch dies zu unterbinden, waren in den Jahren 2002 und 2005 zwei der Hamas nahe stehende Vereine verboten worden.

„Mein Dank gilt allen Beteiligten, die mit diesem Ermittlungserfolg ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass Jüdinnen und Juden in Europa weiterhin in Sicherheit und Frieden leben können“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). „Wir müssen daher alles dafür tun, damit Jüdinnen und Juden in unserem Land nicht abermals um ihre Sicherheit fürchten müssen.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, die Festnahmen zeigten, „dass unsere Sicherheitsbehörden äußerst wachsam sind und konsequent handeln“. „Wir haben die islamistische Szene im Visier.“

Seit dem Terrorangriff vom 7. Oktober nehmen Befürchtungen zu, dass es auch in Deutschland zu Anschlägen kommen könnte. Anfang November hatte Faeser ein Betätigungsverbot für die Hamas erlassen, was etwa polizeiliche Maßnahmen bei Kundgebungen erleichtern soll. Außerdem sprach sie ein Vereinsverbot für den deutschen Ableger des palästinensischen Netzwerkes Samidoun aus.

In Deutschland geht das Bundesamt für Verfassungsschutz von rund 450 Mitgliedern der Hamas aus. Im Gegensatz zu islamistischen Terrorgruppen wie Al-Kaida oder Islamischer Staat (IS) verübte die Hamas bisher keine Anschläge in westlichen Staaten, sondern ausschließlich in Israel und den Palästinensergebieten.

In Dänemark wurden am Donnerstag drei Menschen wegen des Verdachts der Vorbereitung eines Terrorangriffs festgenommen. Nach israelischen Erkenntnissen haben auch diese Verbindungen zur Hamas - die dänischen Behörden bestätigten dies bislang nicht. In einer Mitteilung des Büros des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu war unter Berufung auf den Auslandsgeheimdienst Mossad von sieben Festgenommenen in Dänemark die Rede. Nach dpa-Informationen gehen die Sicherheitsbehörden in Deutschland bislang nicht von gemeinsamen Plänen dieser Verdächtigen mit den in Rotterdam und Berlin festgenommenen Männern aus.

Angaben zu möglichen Terrorzielen oder zum dahintersteckenden Motiv machten die dänischen Behörden nicht. Der operative Leiter des Geheimdienstes PET, Flemming Drejer, sagte auf einer kurzen Pressekonferenz in Kopenhagen lediglich, ihnen würden Verstöße gegen Terrorgesetze vorgeworfen. Auch er sprach von einer weiteren Festnahme in den Niederlanden. Die Ermittlungen hätten ein Netzwerk an Personen offengelegt, die dabei gewesen seien, eine Terrortat vorzubereiten, sagte Drejer. Es gebe Verbindungen ins Bandenmilieu und ins Ausland.