Angriff auf Israeli Angriff auf Israeli in Berlin: Tatverdächtiger stellt sich der Polizei
Berlin - Der Mann, der am Dienstagabend in Prenzlauer Berg einen Israeli attackiert hat, hat sich der Polizei gestellt. Nach Angaben einer Polizeisprecherin meldete er sich am Donnerstagmittag in Begleitung einer Anwältin beim Landeskriminalamt. Ein Richter hat am Abend einen Haftbefehl gegen ihn erlassen. Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft.
Wie Polizeisprecher Winfrid Wenzel bestätigte, handelt es sich um einen 19-jährigen Flüchtling aus Syrien. Er ist allerdings nicht in Berlin untergebracht. Der Staatsschutz, der für die Verfolgung politisch motivierter Straftaten zuständig ist, ermittelt gegen ihn wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung. „Er hat sich wegen des Drucks gemeldet, der durch die veröffentlichten Bilder von ihm entstanden ist“, sagte Wenzel.
Kippa als Test
Am frühen Dienstagabend war am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg der Israeli Adam A. angegriffen worden. Der 21-Jährige war mit einem Begleiter unterwegs. Adam A., der kein Jude ist, habe sich wie sein Begleiter eine Kippa aufgesetzt, um zu testen, wie sicher man sich als Jude in Berlin bewegen könne. Als er angegriffen wurde, zog er sein Handy und filmte den Angreifer. Auf der 45 Sekunden langen Filmsequenz ist zu sehen, wie der junge Mann mehrfach mit einen Gürtel auf den Filmer einschlägt und dabei unter anderem „Yahudi!“ (arabisch für Jude) ruft.
Adam A. stellte das Video in die geschlossene Facebook-Gruppe „Israelis in Berlin“ ein mit dem Kommentar: „Ich wurde heute von zwei Personen attackiert, einfach weil ich mit der Kippa rausgehen wollte. Sowas schlimmes habe ich nicht erwartet.“
Ein Mitarbeiter des Jüdischen Forums gegen Antisemitismus veröffentlichte es. Das Video verbreitete sich mit großer Geschwindigkeit und wurde zehntausendfach geteilt. Es löste internationale Empörung aus. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte dazu: „Der Kampf gegen antisemitische Ausschreitungen muss gewonnen werden.“
Adam A. steht seitdem im Mittelpunkt einer Debatte um Antisemitismus, die nach mehreren Zwischenfällen, darunter Mobbing an Schulen, in Berlin besonders heftig geführt wird. Die Diskussion nahm eine Wendung, als bekannt wurde, dass A. die Kippa nicht aus Glaubensgründen getragen hatte. Viele Menschen bezweifelten nun, dass die Attacke aus heiterem Himmel kam, wie die Männer behaupteten.
Adam A. ist in Haifa in Israel aufgewachsen. Seine Motivation erklärte er mit kultureller Verbundenheit zum Judentum, aber auch, weil er einem Freund nicht geglaubt hatte, der ihn vor Gefahren in Berlin warnte. Die Attacke erlebte der junge Mann gemeinsam mit seinem Freund Salah M. „Der Täter war unglaublich agressiv und hasserfüllt“, sagte M. Die beiden seien erst vor einem Monat nach Berlin gekommen. A. ist seit drei Jahren in Deutschland, hat in Hannover Tiermedizin studiert und will sein Studium in Berlin fortsetzen. M. macht zurzeit eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Er hat die deutsche Staatsbürgerschaft.
Die Ermittler des Staatsschutzes halten die Aussagen von Adam A. für plausibel und schlüssig. „Es gibt keinerlei Erkenntnisse, dass die Sache irgendwie konstruiert ist“, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Er reagiert damit unter anderem auf Verschwörungstheorien, die mittlerweile vereinzelt in sozialen Medien verbreitet werden, wonach der Angriff inszeniert worden sein könnte. Auf Facebook und Twitter schlagen die Emotionen hoch. Es wimmelt einerseits von judenfeindlichen Kommentaren und Aufrufen, die in ihrer Mehrheit von mutmaßlich arabischstämmigen Usern abgegeben werden. Andere Kommentatoren fordern wiederum, alle Muslime aus Deutschland abzuschieben.
„Wir müssen den Kampf aufnehmen“
Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, hatte anlässlich des Vorfalls seine Warnung, auf der Straße eine Kippa zu tragen, wiederholt. Vor allem in Städten gebe ein zunehmendes Bedrohungspotential für Juden, sagte Schuster.
Levi Salomon, Sprecher des Jüdischen Forums, fordert dagegen zum offensiven Tragen der jüdischen Kopfbedeckung auf: „Früher habe ich immer meinen jüdischen Freunden und Bekannten geraten, keine Kippa zu tragen, um ihre jüdische Identität nicht zu zeigen. Ich habe meine Meinung geändert“, sagte er. „Wir müssen diesen Kampf aufnehmen und in der Öffentlichkeit wieder sichtbar werden. Jüdische und nicht-jüdische Menschen sollten gerade jetzt die Kippa tragen. Wir dürfen den öffentlichen Raum weder islamistischen noch rechtsextremen Antisemiten überlassen.“