Amtsgericht Altenburg Amtsgericht Altenburg: Krippenerzieherinnen dürfen auf mildes Urteil hoffen

Altenburg - Sie sollen Krippenkinder zum Einschlafen fest eingeschnürt und zum Essen gezwungen haben - doch nun können die vier angeklagten Erzieherinnen in Thüringen auf einen milden Richterspruch hoffen. „In vielen Punkten wird es auf einen Freispruch hinauslaufen“, sagte Richter Sandy Reichenbach am Montag am Amtsgericht Altenburg. Die Beweisaufnahme habe ein etwas anderes Bild ergeben, als es in der Anklageschrift dargestellt werde. Reichenbach legte sogar nahe, das Verfahren einzustellen - dem widersetzte sich die Staatsanwaltschaft. Der Prozess wurde daraufhin auf den 28. April vertagt, weil eine Zeugin erneut nicht vor Gericht erschienen ist.
Den Frauen wird vorgeworfen, unruhige Kinder - darunter auch schwerbehinderte - zum Mittagsschlaf fest in Decken gewickelt und zusätzlich mit Windeln eingeschnürt zu haben. Außerdem sollen sie ihnen Tücher aufs Gesicht gelegt haben. In ihren Aussagen vor Gericht rechtfertigten drei der vier Angeklagten dies als „Einschlafhilfe“. Sie habe den Kindern geholfen, zur Ruhe zu kommen. Die vierte Angeklagte schwieg. Zudem soll Kindern unter Zwang Essen eingeflößt worden sein - so sehr, dass sich einige erbrachen. Insgesamt listet die Anklageschrift 58 Fälle auf. Vorgeworfen wird den Frauen unter anderem vorsätzliche Körperverletzung und Nötigung.
Kinder zum Essen zu zwingen oder ohne Einverständnis der Eltern zum Einschlafen fest einzuwickeln, sei nicht zu tolerieren, betonte Reichenbach. Aber inwieweit sich die Frauen dadurch strafbar gemacht hätten, sei eine andere Frage. Ein Gutachter hatte zuvor erklärt, dass die etwa ein- bis zweijährigen Kinder durch diese Praktiken allem Anschein nach keine direkten körperlichen oder seelischen Schäden erlitten hätten. Viele Symptome wie Schlafstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten, von denen die Eltern berichtet hatten, seien in dem Alter nicht ungewöhnlich - gerade in der Phase, wenn sich Kleinkinder an die neue Situation im Kindergarten gewöhnen müssten, erklärte der Kinder- und Jugendpsychiater Bernhard Blanz.
Die Vorwürfe wurden vor rund zweieinhalb Jahren bekannt. Die Frauen sind seither von der Arbeit freigestellt, eine ist im Ruhestand. Der Ausgang des Prozesses entscheidet auch über ihre berufliche Zukunft. Das Kultusministerium hatte dem Träger nach Bekanntwerden der Vorwürfe den Angaben nach auferlegt, dass die Frauen bis zur Klärung nicht weiter mit Kindern arbeiten dürfen. (dpa)