Schienenfahrzeugbau Alstom mit neuer Produktion in Bautzen
Der Schienenfahrzeugbauer Alstom kann in Bautzen auf eine knapp 180-jährige Tradition verweisen. Wenn es nach Alstom-Deutschland-Chef Müslüm Yakisan geht, sollen weitere 180 Jahre folgen.
Bautzen - Der französische Schienenfahrzeugbauer Alstom sieht seine Zukunft am Standort Bautzen durch Großaufträge gesichert. Mit der Einweihung einer neuen Produktionslinie für Regionalzüge erfolgte nun der erste Schritt.
Auf der 2,3 Millionen Euro teuren Anlage sollen zunächst 34 Züge für Rumänien gefertigt werden. Nach Angaben des Unternehmens hat der Auftrag ein Volumen von etwa 400 Millionen Euro. Bei den sogenannten Coradia-Stream-Elektrozügen handelt es sich um einen Alstom-Klassiker. In Europa sind bereits 4000 Züge dieser Art unterwegs. Bisher hatten die rund 1100 Mitarbeiter in Bautzen Aufträge aus der Zeit erledigt, als das Bautzener Werk zum kanadischen Bombardier-Konzern gehörte. Alstom übernahm die Zugsparte von Bombardier 2021.
Großauftrag für Bautzen aus dem Rheinland
Ab 2027 soll in Bautzen ein weiterer Großauftrag realisiert werden. Er betrifft die Lieferung von 90 Nahverkehrszügen mit je zehn Wagen für die S-Bahn im Rheinland. Die S-Bahnen sollen von 2029 bis 2033 ausgeliefert werden. Auch für die Wartung und Instandsetzung der Züge in den folgenden gut drei Jahrzehnten ist Alstom in Bautzen zuständig. „Dieser Standort hat eine immense Zukunft“, sagte Müslüm Yakisan, Deutschland-Chef von Alstom. Der Auftrag für die S-Bahn in Köln und Umgebung sei der größte Auftrag, der jemals in Deutschland im Nahverkehr vergeben worden sei. Laut Alstom hat er einen Umfang von mehr als vier Milliarden Euro. Yakisan sprach von einem „Generationenauftrag“. Auch in Zukunft werde man in Bautzen zudem S-Bahnen für Hamburg und Doppelstockzüge für Israel bauen.
Yakisan zufolge sind Regionalfahrzeuge der größte Markt in Europa. Dafür wolle man Bautzen als festen Bestandteil von Alstom etablieren. Nach rund 180 Jahren Historie in Bautzen wolle man auch „mindestens die nächsten 180 Jahre“ noch in Bautzen produzieren.
Kretschmer: Sachsen muss Industrieland bleiben
„Für uns ist entscheidend, dass wir ein Industrieland bleiben. Für uns ist entscheidend, dass es tarifgebundene Arbeitsplätze sind. Anhand dieser großen Linie sind wir auch bereit, Veränderungen mitzutragen“, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „Wenn wir zusammenhalten, wenn wir uns gemeinsam unterhaken, dann werden wir sehr viel erreichen.“ Mit Blick auf den Auftrag aus Köln sprach Kretschmer von einer „coolen Sache“. Wenn man im Rheinland unterwegs sei und das rollende Material dort sehe, habe man den Eindruck, dass Bautzen „so ein bissel 'Aufbau West'“ leiste.
Der Bautzener CDU-Politiker Marko Schiemann wertete die Einweihung der neuen Produktionslinie als „klares Signal zur Stärkung des Alstom-Standortes in der Oberlausitz“: „Damit kann der modernste Standort der Schienenfahrzeugherstellung Europas weiter zukunftsfähig gestaltet werden. Jetzt müssen alle weit
eren Rahmenbedingungen zur Erreichbarkeit des Unternehmens mit der Schiene gebaut werden. Wir brauchen endlich den neuen Gleisanschluss über das künftige Bahnkompetenzzentrum Bautzen Süd.“
Zukunft von Alstom-Werk in Görlitz noch offen
Yakisan äußerte sich am Rande des Termins auch zur Zukunft des Görlitzer Alstom-Werkes, dessen Verkauf in Rede steht. Man versuche mit allen Mitteln, in Görlitz industrielle Arbeitsplätze zukunftsfähig zu gestalten, sagte der Manager. „Da arbeiten wir noch dran. Das ist nicht so einfach, weil Görlitz ein anderes Know-how eingebettet hat als Bautzen. Wir haben einen Zukunftstarifvertrag, der bis 2026 gilt. Daran werden wir uns auf jeden Fall halten.“ Diesen Zeitraum wolle man für die Zukunft nutzen. „Wir reden mit vielen Industriepartnern.“ Für Maschinenbau gebe es in Görlitz das Know-how. Man werde dort künftig keine Papiertüten herstellen.
Es geht jetzt darum, dass diese gute Entwicklung im Schienenfahrzeugbau fortzusetzen, sagte Kretschmer mit Blick auf Görlitz. „Mein Ziel ist ein Sondervermögen für die Deutsche Bahn, dass nicht nur Infrastruktur, sondern dass auch Schienenfahrzeuge gebaut werden können.“