Film Ein Engel in Teufelsgestalt: Filmlegende Alain Delon ist tot
Leinwandkiller und gefühlloser Verführer par excellence: Die Aura des schönen Todesengels machte Alain Delon zur Filmlegende. Mit Romy Schneider bildete er ein Traumpaar - und das nicht nur im Film.
Paris - Tief ins Gesicht gezogener Hut, hochgeschlagener Kragen, stoischer Gesichtsausdruck: So hat die Welt Alain Delon in „Eiskalter Engel“ von Jean-Pierre Melville entdeckt. Der Schauspieler wurde zur Legende, die in mehr als 80 Filmen immer wieder als Killer vor der Kamera brillierte. Nun ist Delon im Alter von 88 Jahren gestorben.
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Wie die drei Kinder des Schauspielers der französischen Nachrichtenagentur AFP mitteilten, sei er friedlich und umgeben von seiner Familie in seinem Haus in Douchy in der Region Centre-Val de Loire gestorben. „Alain Fabien, Anouchka, Anthony sowie (sein Hund) Loubo sind zutiefst betrübt, den Tod ihres Vaters bekannt zu geben“, teilten sie in der gemeinsamen Pressemitteilung mit.
Starke Rollen als Leinwandmörder
Der Nachwelt hinterlässt Delon Meisterwerke der Filmgeschichte. „Endstation Schafott“, „Nur die Sonne war Zeuge“, „Borsalino“ oder „Der Panther“: Delon bestritt seine Karriere vor allem mit Rollen als smarter Ganove und skrupelloser Leinwandmörder.
Schon 1957 in seinem Debütfilm „Die Killer lassen bitten“ schlüpfte er in die Haut eines Mörders. Dass der Schönling auch andere Seiten ausspielen konnte, zeigte er 1984 in Volker Schlöndorffs „Eine Liebe von Swann“. Darin verkörpert er einen homosexuellen Baron.
Als Loser überraschte er in „Notre Histoire“, ein tragisches Liebesdrama, für das er 1985 sogar einen César erhielt, Frankreichs begehrten Filmpreis. Doch dem Publikum gefiel der sanfte Delon nicht. „Sobald ich leidende oder schwache Menschen gespielt habe, haben die Leute mich abgelehnt.“ Sie wollten den „Engel in Teufelsgestalt“ sehen, wie Delon sagte.
Biografie liest sich wie ein Sozialdrama
Und so spielte Delon vorzugsweise den elegant tötenden und einsamen Kämpfer. Eine Rolle, für die er kein Drehbuch benötigte. Den Verbrecher brauche er nicht zu spielen, wie er in dem Dokumentarfilm „Alain Delon, cet inconnu“ (Alain Delon, dieser Unbekannte) von Philippe Kohly erklärt. Wenn nicht Filmschauspieler, wäre er am liebsten Gangster geworden, zitierte ihn auch der „Spiegel“.
Delons Biografie liest sich wie ein Sozialdrama: Zuerst lassen sich die Eltern scheiden, dann kommt der Vierjährige in eine Pflegefamilie, anschließend fliegt er mehrmals von der Schule, beginnt eine Metzgerlehre und meldet sich schließlich im Alter von 17 Jahren freiwillig als Soldat für den Indochina-Krieg. Nach seiner Rückkehr hält er sich mit dubiosen Geschäften über Wasser. Sogar Kontakte zur Mafia in Paris und Marseille werden ihm nachgesagt.
In Verbindung mit einem Mord
Geboren wurde Alain Delon am 8. November 1935 in Sceaux in der Nähe von Paris. Über seine jungen Jahre sagte er später: „Wie viele wissen, dass ich meine Kindheit im Gefängnis verbracht habe? Zumindest im Gefängnishof von Fresnes, wo ich mit anderen Kindern von Gefängniswärtern gespielt habe.“ Delons Pflegevater war Gefängniswärter.
Auch noch später, als gefeierter Filmstar, gab es Überschneidungen zwischen seinen Rollen und der Realität. Im Jahr 1968 wurde sein jugoslawischer Leibwächter und Freund Stevan Markovič ermordet. Man fand ihn auf einer Müllhalde. Markovič war nicht nur Delons Bodyguard, sondern auch der angebliche Geliebte seiner damaligen Frau und Schauspielerin Nathalie Delon alias Francine Canovas. Die Boulevard-Presse brachte Delons Name mit dem Fall in Verbindung. Im Jahr 1975 wurde die Akte Markovič jedoch geschlossen – ergebnislos.
Viele Lieben, viele Affären
Delon füllte auch mit seinen Frauenaffären die Blätter der Klatschpresse. Mit Romy Schneider bildete er eines der glamourösesten Paare der 1960er Jahre, die beiden verlobten sich sogar. Doch ihre Liebesgeschichte endete ebenso unglücklich wie die in „Christine“, in der die beiden 1958 erstmals zusammendrehten.
Fünf Jahre später trennte sich Delon von ihr. 1963 unternahm Schneider einen Suizidversuch. Nur rund ein Jahr später heiratete er die Schauspielerin Francine Canovas, die einzige Frau, die er vor den Traualtar führte. Kurz danach kam ihr gemeinsamer Sohn Anthony zur Welt.
Zu seinen „Coup de foudre“, den Lieben auf den ersten Blick, gehörte auch das Model Rosalie van Breemen. Delon lernte die etwa 30 Jahre jüngere Niederländerin 1987 kennen. Aus ihrer rund 15-jährigen Beziehung gingen die beiden Kinder Anouchka und Alain-Fabien hervor.
Eine kurze Liaison hatte der Frauenheld auch mit der deutschen 1988 verstorbenen Sängerin Nico. Die Ikone der Pop-Kultur behauptete zeitlebens, dass Delon der Vater ihres Sohnes Christian Aaron „Ari“ Päffgen sei, was die Filmlegende stets bestritt.
Von Romy Schneider ausgesucht
Frauen bestimmten nicht nur sein Privatleben, sondern auch seine Karriere. Er sei durch Frauen zur Schauspielerei gekommen. Sie hätten ihn gewollt, gemacht und ihm alles gegeben, sagte er in einem Interview in der französischen Zeitung „Le Monde“.
Als Delon mit Schneider 1958 „Christine“ drehte, war er 23, sie drei Jahre jünger. Sie war damals bereits ein Star, Delon stand noch am Anfang seiner Karriere. Ihr soll er seine Rolle in dem Melodrama zu verdanken haben, wie Thilo Wydra in der 2020 erschienenen Doppelbiografie „Eine Liebe in Paris. Romy & Alain“ schrieb.
Laut dem Schauspieler und Freund von Delon, Jean-Claude Brialy, den er darin zitierte, sollen ihr Fotos mehrerer junger Schauspieler vorgelegt worden soll. Ihre Wahl sei auf Delon gefallen. „Ich hatte nur mein Aussehen und meinen Mangel an Erfahrung vorzuweisen. Als ich erfuhr, dass die mich wollten, blieb mir die Spucke weg“, führte Wydra Delon aus einem Interview mit der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ an.
Entscheidend für seine Karriere war aber vor allem Michèle Cordou. Sie war die Ehefrau von Yves Allégret, Regisseur von Delons erstem Film „Die Killer lassen bitten“. Die Schauspielerin Brigitte Auber hatte ihr den jungen Charmeur vorgestellt.
Ein sanfter und zugleich brutaler Darsteller
Das schöne Gesicht Delons hat Frauen und Männer gleichermaßen fasziniert. So auch Luchino Visconti. Der damals 30 Jahre ältere Regisseur hat mit Delon die Meisterwerke „Der Leopard“ und „Rocco und seine Brüder“ gedreht. Visconti wollte einen sanften und zugleich brutalen Darsteller, erzählte er in Kohlys Dokumentarfilm. In dem Arbeiterepos spielt Delon einen jungen Italiener, der seine Familie mit allen Mitteln vor dem Zerfall retten will.
Seit seiner Trennung von Rosalie van Breemen Anfang der 2000er Jahre lebte er vorwiegend allein. Auch als Schauspieler rückte er in den vergangenen Jahren immer mehr aus dem Rampenlicht. Stattdessen machte er als Filmproduzent, Pferdezüchter, Rennstallbesitzer und Sympathisant der Front National (FN) von sich reden. Den ultrarechten Parteigründer Jean Marie Le Pen nannte er seinen Freund.
Streit mit Kindern
Im Jahr 2019 erlitt Delon einen Schlaganfall, von dem er sich nie vollständig erholte. Im Jahr 2022 sagte er, dass er an eine aktive Sterbehilfe in der Schweiz denke, wo er auch lange lebte. Dem Fernsehsender TV5 erklärte er, dass man in einem gewissen Alter das Recht habe, sich in Ruhe zu verabschieden. Ihm war das nicht vergönnt. Monatelang stritten sich seine drei Kinder, Anthony, Anouchka und Alain-Fabien, um die Betreuung Delons.
Der Star hat seinen Mythos zeitlebens gepflegt. „Mein Leben ist wie ein Eisberg. Die Öffentlichkeit kennt nur die Spitze“, hatte er einst gesagt. Sein wahres Gesicht bleibt nun sein Geheimnis.