Parteien Kemmerich soll FDP in den Wahlkampf führen
Mit ihm als Spitzenkandidat schaffte es die Thüringer FDP 2019 hauchdünn zurück in den Landtag, dann ließ sich Thomas Kemmerich mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten wählen - und trat nach wenigen Tagen zurück. Nun will er seine Partei erneut in den Wahlkampf führen.
Friedrichroda - Die Thüringer FDP will erneut auf ihren Chef und Ex-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich als Spitzenkandidat setzen. Ein Landesparteitag sprach sich am Samstag in Friedrichroda (Landkreis Gootha) mehrheitlich per Abstimmung für den 58-Jährigen aus. Nach Parteiangaben waren 136 Stimmberechtigte anwesend. Nur vier Stimmberechtigte votierten gegen den entsprechenden Antrag, es gab eine Enthaltung. Besiegeln soll Kemmerichs Kandidatur ein Listenparteitag im kommenden Jahr. Die Landtagswahl in Thüringen ist für den 1. September 2024 geplant.
Der in Aachen geborene Kemmerich war im Jahr 2020 knapp einen Monat Ministerpräsident von Thüringen, nachdem ihn Abgeordnete von CDU, AfD und FDP gewählt hatten. Kemmerich nahm die Wahl an, obwohl die Stimmen der AfD den Ausschlag gegeben hatten. Der FDP-Politiker konnte keine Regierung bilden und benannte keine Minister. Er kündigte einen Tag nach seiner Wahl seinen Rücktritt an, den er wenige Tage später vollzog. Thüringen stürzte in dieser Zeit in eine tiefe Regierungskrise.
Die Bundes-FDP sieht Kemmerichs geplante Spitzenkandidatur kritisch und hatte angekündigt, dass die Thüringer Parteikollegen keine finanziellen Zuwendungen aus dem bundesweiten Kampagnenfonds der FDP erhalten werden.
In seiner Rede am Samstag sprach Kemmerich seine Zeit als Ministerpräsident nicht an. Allerdings verteidigte er erneut das Agieren der FDP-Gruppe im Thüringer Landtag - mit Blick auf Abstimmungen mit Hilfe der AfD. Man werde sich dafür einsetzen, dass Windkraft im Wald „nahezu unmöglich“ gemacht werde, sagte Kemmerich. „Wir werden es durchziehen, und wir werden uns nicht davon abbringen lassen, dass am Ende droht, dass der Falsche zustimmt. Es geht um die Sache“, machte der Unternehmer klar. Für den Gesetzentwurf wurde bereits im entsprechenden Ausschuss von der Opposition gestimmt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte das bisherige Verbot von Windrädern in Thüringens Wäldern im vergangenen Jahr gekippt. Die FDP will mit einer Änderung des Waldgesetzes nun erreichen, dass beim möglichen Bau von Windkraftanlagen auf Kahlflächen immer eine Abwägung mit einer möglichen Wiederaufforstung erfolgen muss.
In Thüringen wurden in diesem Jahr bereits zwei Gesetze von der Opposition und gegen den Willen der Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen beschlossen. Zuletzt hatte die Verabschiedung einer Senkung der Grunderwerbssteuer mit Stimmen von CDU, AfD, FDP und Fraktionslosen bundesweit für Aufsehen gesorgt.
In seiner Rede teilte Kemmerich gegen die Ampel-Regierung in Berlin aus und erntete dafür in Friedrichroda lauten Applaus. „Wir erleben eine Regierung in Berlin, die in großem Maße scheitert“, sagte Kemmerich. Sie scheitere vor allem daran, die Bürger mitzunehmen. Man erlebe bei Wahlen und in Umfragen eine „Abstimmung mit Füßen“ der Menschen, die damit ihre Unzufriedenheit mit der Regierung zum Ausdruck brächten. Die FDP ist Teil der Ampelkoalition.
Kemmerich lobte das Festhalten von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an der Schuldenbremse. „Ohne Volker Wissing wäre der Verbrenner Geschichte“, fügte er anerkennend für die Politik des Bundesverkehrsministers, ebenfalls FDP, hinzu. Bei anderen Dingen springe man aber zu kurz - etwa beim Bürokratieabbau.
Zudem kritisierte er vor allem die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die er „unsere Annalena“ nannte und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne). Baerbock reise durch die Welt und erkläre den Menschen, wie sich die Deutschen das Leben in China vorstellten. Kemmerich verwies dabei auf die Leistungen von Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher (beide FDP). „Und da muss man sich wirklich dafür schämen, dass jemand rein mit feministischer Außenpolitik versucht, auf die Krisen dieser Welt zu reagieren.“
Staatspolitische Verantwortung sei „in diesen Zeiten nicht das Retten einer Regierung“, sagte Kemmerich. „Es darf auch kein Tabu sein, auch diese Ampel in Frage zu stellen.“