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Kirchenasyl Abschiebung aus Kirchenasyl in Bremen verhindert

Ein nächtlicher Einsatz in einem Bremer Gemeindezentrum löst heftige Kritik aus. Behörden sollen versucht haben, das Kirchenasyl aufzuheben. Der Innensenator widerspricht der Darstellung vehement.

Von dpa Aktualisiert: 03.12.2024, 17:16
In Bremen sollen Behörden erstmals versucht haben, das Kirchenasyl aufzuheben. (Symbolbild)
In Bremen sollen Behörden erstmals versucht haben, das Kirchenasyl aufzuheben. (Symbolbild) Swen Pförtner/dpa

Bremen - Die gescheiterte Abschiebung eines 25-jährigen Somaliers aus dem Kirchenasyl in Bremen hat zu einer heftigen Debatte über das Vorgehen der Behörden geführt. „Das Kirchenasyl ist und bleibt ein wichtiger, unverletzlicher Schutzraum in besonderen Härtefällen“, sagte Pastor Bernd Kuschnerus von der Bremischen Evangelischen Kirche. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sieht sich dagegen an Bundesrecht gebunden und kritisiert seinerseits die Kirche scharf. 

Nach der Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte das Bremer Migrationsamt unterstützt von der Polizei versucht, den Mann aus dem Kirchenasyl in einem Gemeindezentrum in der Bremer Neustadt nach Finnland abzuschieben. Bis zu 100 Menschen sollen die Maßnahme vor Ort verhindert haben. Die Polizei bestätigte einen entsprechenden Einsatz. 

100 Menschen verhindern Abschiebung

Pastor Kuschnerus sagte, er bedauere sehr, dass in der Nacht behördlicherseits der Versuch unternommen wurde, das Kirchenasyl aufzuheben. Rund 100 Menschen hätten friedlich zivilen Ungehorsam geleistet und so die Abschiebung verhindert. „Ich empfinde dies als ein deutlich anderes Vorgehen, als wir es bisher erlebt haben“, sagte Kuschnerus. Staat und Kirchen müssten zu ihrem bisherigen guten Einvernehmen zurückkehren. 

Nach Darstellung des zuständigen Innenressorts verhinderten bis zu 100 teilweise vermummte Personen die Rücküberstellung des Somaliers nach Finnland. „Mit der Aktion wird gegen eine gültige Vereinbarung verstoßen. Staat und Kirchen müssen darüber dringend reden“, sagte Innensenator Mäurer. Mehrere Medien hatten zuvor über den gescheiterten nächtlichen Abschiebeversuch berichtet. 

Der betroffene Somalier ist nach Angaben des Innensenats über Russland zunächst nach Finnland geflohen und wurde dort registriert. Später sei er nach Deutschland weitergereist und habe einen Asylantrag gestellt. Er habe erklärt, keine Familie in Deutschland zu haben. Für die Innenbehörde ist Finnland zuständig, über den Asylantrag des Mannes zu entscheiden. „Deshalb muss er zur Durchführung seines Asylverfahrens nach Finnland zurück“, sagte Mäurer. 

Entsprechend habe das Bundesamt nach intensiver Prüfung entschieden, dass der Mann nach den Dublin-Regeln zurückkehren müsse. Das Amt sei auch nach einer von der Kirche geforderten Überprüfung dabei geblieben. „Diese Entscheidung haben wir und auch die Kirchen zu akzeptieren“, sagte Mäurer. Geschehe das nicht, stelle die Kirche den Rechtsstaat grundsätzlich infrage. 

Nach Angaben der Evangelische Kirche handelte es sich um den ersten Versuch in Bremen, behördlicherseits ein Kirchenasyl aufzuheben. Der Bremer Flüchtlingsrat teilte mit, der 25-Jährige halte sich seit Monaten aus Angst vor einer Abschiebung in der Kirchengemeinde auf. Er befürchte, dass die Maßnahme ihn letztlich zurück nach Somalia führe.

Die Grünen bezeichneten das Vorgehen als Tabubruch in der bisherigen humanitären Aufnahmepolitik Bremens. „Dieser Tabubruch darf nicht zum Dammbruch werden“, sagte die Fraktionsvorsitzende Henrike Müller. „Die versuchte Abschiebung aus dem Kirchenasyl gestern Nacht ist ein Bruch mit dieser Institution, eine Missachtung religiöser Stätten und entspricht nicht der humanitären Migrationspolitik, der wir uns als rot-grün-rote Regierung verschrieben haben“, teilten die Vorsitzenden der Linksfraktion, Sofia Leonidakis und Nelson Janßen, mit. 

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion betonte, dass Kirchen keine rechtsfreien Räume seien. „Deshalb unterliegt auch das Kirchenasyl Regeln, auf die sich Staat und Kirchen geeinigt haben und an die sich beide Seiten halten müssen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Frank Imhoff. 

Der Fraktionsvorsitzende des Bündnis Deutschland, Jan Timke, kritisierte, dass das Kirchenasyl missbraucht werde. „Wenn sich einzelne Kirchengemeinden über behördliche Entscheidungen hinwegsetzen, untergräbt das die Autorität unseres Rechtssystems“, sagte er. 

Für die FDP-Fraktion ist die Verhinderung der Abschiebung durch ein Kirchenasyl zwar menschlich nachvollziehbar, offenbart aber eine fehlerhafte Auffassung des Asylrechts. „Eine vom Recht losgelöste Parallelstruktur wie das Kirchenasyl untergräbt daher das staatliche Gewaltmonopol“, sagte der innenpolitische Sprecher Marcel Schröder.