MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 9. Januar 2025 Torpedos auf Brandmauer: Das sagen Firmenchefs zu Musk, AfD & Tesla
Weitere Themen: Arbeitslosigkeit steigt/ Mibrag stoppt Wasserstoffpläne /Protest gegen Ansiedlungen / Ifa auf Kurs / Geld für Sunfire / Döner-Inzidenz in Leipzig
über wenige Themen wird derzeit in Deutschland so intensiv diskutiert wie über den Tesla-Gründer Elon Musk und sein Verhältnis zur AfD. Angefangen hat alles am 19. Dezember mit einem kurzen Tweet, in dem Musk schrieb: „Only the AfD can save Germany“.
Ende des Jahres 2024 legte Musk mit einem Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“, der auf X sehr oft geteilt wurde, unter der Überschrift „Warum Elon Musk auf die AfD setzt“ nach. Der Text ist eine Wahlempfehlung für die AfD, die Musk als einzige Partei ansieht, die in Deutschland grundlegende Reformen umsetzen kann. Am heutigen Donnerstag (19 Uhr) will der reichste Mann der Welt in seinem sozialen Netzwerk X einen Talk mit AfD-Chefin Alice Weidel führen.
Nun wurde in den vergangenen Tagen schon viel darüber debattiert, ob die „Welt“ einen solchen Gastkommentar abdrucken sollte und welche Ziele der Trump-Freund verfolgt. CDU-Chef Friedrich Merz versucht es mit sachlicher Kritik auf X:
Häufig wird Musk vorgeworfen, dass er keine Ahnung von Deutschland und der AfD hat.
Ist das so? Musk hat in Grünheide vor den Toren Berlins ein riesiges neues Autowerk errichten lassen. Im Jahr 2022 war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Eröffung dabei, den Musk heute einen „Narr“ nennt. Rund 12.000 Menschen arbeiten den Angaben zufolge dort. Das Werk dürfte damit der größte industrielle Arbeitgeber in Brandenburg sein. Ironie der Geschichte: Während vor allem die Brandenburger SPD die Fabrik gegen viele Widerstände von Umweltschützern durchkämpfte, lehnte die AfD die dortige Ansiedlung stets ab. Wortführerin ist die Landtagsabgeordnete Kathi Muxel aus Grünheide, die sich offensiv als Tesla-Gegnerin positioniert hat. E-Autos und AfD – das ging bisher nicht zusammen.
Drei Viertel der Deutschen lehnen Elon Musks Einmischung in die hiesige Politik ab. 74 Prozent der Befragten im RTL/ntv-Trendbarometer halten es für unangemessen, dass sich der US-Multimilliardär in solcher Form zur Politik in Deutschland äußert. Ein Viertel findet Musks Äußerungen "in Ordnung".
Ich habe zwei bekennende Tesla-Fans und Unternehmer aus Mitteldeutschland gefragt, wie sie die Situation sehen. Die Reaktionen sind unterschiedlich.
Daniel Gollmann, Gründer und Inhaber des Unternehmens Gollmann Kommissioniersysteme, das in Halle vor allem Apothekenautomaten herstellt, sagt: „Die Gollmann Kommissioniersysteme produziert seit Jahren CO2-neutral in der Weststrasse in Halle. Die gut 15 Tesla im Firmenbestand am Standort Halle und gut 30 Tesla in der europaweiten Gruppe waren eine bewusste Entscheidung für innovative Technik der Elektrofahrzeuge und das gut ausgebaute Tesla-eigene Ladenetz, eine Entscheidung aus Zeiten, in der die deutschen Autobauer Elektrofahrzeuge bestenfalls belächelt haben. Die Entscheidung war damals richtig, aber die Zeiten haben sich geändert. Tesla ist im Gesamtpaket, also in Bezug auf Technik, Preis- oder Leasingkonditionen sowie der Ladeinfrastruktur, nach wie vor am attraktivsten. Doch die Entwicklung an der Spitze von Tesla bereitet mir zunehmend Sorge. Bei uns stehen allein dieses Jahr 6 Neuinvestitionen in Elektrofahrzeuge an. Gäbe es eine wirtschaftlich und technisch konkurrenzfähige Alternative, würde ich, ohne zu zögern, Tesla den Rücken kehren.“
Tesla-Fan Sven Gabor Janszky, Chef von Ahead Think Tank aus Leipzig, schreibt: „Für mich ist die Diskussion um Elon Musk der Ausdruck des typisch deutschen Angsttraumas. Offensichtlich scheint unser Land ohne eine ständig geschürte Angst nicht mehr leben zu können. Nachdem die Ängste vor Covid, AfD, Putin und Trump keinen Grusel mehr produzieren, muss es nun die Angst vor dem reichsten Mann der Welt sein. Nüchtern betrachtet hat Elon Musk die gleiche politische Meinung wie 21,5 Prozent der Deutschen. Das ist zwar nicht meine Meinung, aber ich respektiere das. So ist Demokratie. Seine Unterstützung für eine zur demokratischen Wahl stehende Partei halte ich für weniger autoritär als die allgegenwärtigen Forderungen nach Verboten dieser Unterstützung.“
Die Hinwendung von Musk zur AfD dürfte vor allem bei jüngeren Wählern dazu führen, dass die Zustimmung zu der Partei noch stärker wächst. Die AfD war bei den letzten Landtagswahlen in Ostdeutschland bei den unter 25-Jährigen die stärkste Kraft. Der Psychologe Rüdiger Maas hat das genau untersucht. Im SZ-Interview sagt Maas zum Thema Migration: „Junge Menschen in unserer Gesellschaft kommen viel stärker mit dem Thema in Berührung als Ältere: Sie treffen in der Schule, in ihrer Freizeit, im Freibad oder beim Weggehen abends öfter auf Migranten als wir, die wir bereits in unseren etablierten Blasen leben, wo jeder seinen Platz halbwegs gefunden hat. Außerdem gibt mehr als die Hälfte der jungen Wähler an, dass Social Media ihre Hauptinformationsquelle für politische Informationen ist.“
Was man sicher analytisch sagen kann: Musks Äußerungen mit der Reichweite seiner Plattform X sind Torpedos auf die politische Brandmauer zur AfD. Musk möchte auch in Deutschland Disruption. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich ist die Mitte der Gesellschaft darauf kaum vorbereitet.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
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