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Hier in Halle, Newsletter vom 20. Februar 2025 Die fatale „Brandmauer“ in der Verwaltung

Wie die AfD in Halle mal einen Punkt gemacht hat.

20.02.2025, 06:00
Heute schreibt Ihnen Jonas Nayda.
Heute schreibt Ihnen Jonas Nayda. (Foto: Silvio Kison)

ich möchte Ihnen heute mal wieder von einer Sitzung im Stadthaus berichten, die meiner Meinung nach die „Brandmauer“ gegen die AfD und mit ihr verbunden ein großes Dilemma unserer Demokratie aufgezeigt hat.

„Dilemma unserer Demokratie“ klingt ziemlich hochgegriffen, das gebe ich zu. Aber lesen Sie selbst:

Die AfD-Fraktion beschwerte sich, weil all ihre Anträge von der Stadtverwaltung eine negative Stellungnahme bekommen. Das sei teilweise unsachlich und „aktivistisch“ gegen die AfD, hieß es am Mittwoch im Hauptausschuss. Es gehe ja angeblich nur darum, irgendwelche Gründe zu finden, damit man der AfD nicht zustimmen müsse.

Der Vorwurf der AfD zielt auf die schriftlichen Stellungnahmen ab, die die Stadtverwaltung in der Regel zu jedem Antrag abgibt, der im Rat diskutiert wird. Darin empfiehlt die Verwaltung den Räten entweder zuzustimmen oder abzulehnen. Meist wird das mit einer kurzen Erläuterung begründet.

Andere Fraktionen sprangen der Stadtverwaltung bei, die doch schließlich jeder Fraktion mal negative Stellungnahmen geben würde. Außerdem beeinflusse das die Abstimmung der Räte nicht. Die sollten ja schließlich selbstständig entscheiden.

Doch ganz so einfach ist das nicht.

Ich beobachte die Stadtpolitik nun schon seit fünf Jahren. Es stimmt, dass die Verwaltung auch anderen Fraktionen ablehnende Stellungnahmen zuschickt. Sogar häufig. Aber in der gesamten Zeit habe ich nicht einen einzigen Antrag der AfD erlebt, der eine positive Stellungnahme aus der Stadtverwaltung erhalten hat. Nicht einen. Immer wurde „Ablehnung“ empfohlen. Egal, um welches Thema es sich drehte.

Die AfD beschäftigt sich in Halle natürlich mit Themen, die durchaus politische Sprengkraft besitzen. Oft ist das auch ganz klar am rechten politischen Rand. Aber manchmal sind es auch ganz banale Dinge. Zum Beispiel die Musik, die auf dem halleschen Weihnachtsmarkt abgespielt wird. Die AfD hatte im Februar 2024 unter anderem beantragt, „Gema-freie-Tage“ zu prüfen, um Geld für Lizenzgebühren zu sparen.

Die Stellungnahme der Verwaltung dazu? Ablehnung. „Eine ausdrückliche Distanzierung von Lizenzgebühren, wie sie mit einem „Gema-freien-Tag“ verbunden wäre, lehnt die Stadt ab“, hieß es damals.

Doch beim Weihnachtsmarkt Ende 2024 gab es dann trotzdem genau das: Gema-freie Tage, an denen die Stadt mutmaßlich Geld für Lizenzgebühren der Musik gespart hat. Die Stadt kann auch ohne einen Stadtratsantrag selbst entscheiden, welche Musik auf dem Weihnachtsmarkt gespielt wird.

Offenbar fand die Verwaltung die AfD-Idee gut, wollte sie aber nicht als AfD-Idee umsetzen, sondern als eigene. Dass die AfD bei solchen Beispielen unfaire Behandlung ihrer Anträge wittert, ist nachvollziehbar.

Aber die Stadt muss ja gar nicht neutral sein. Schon gar nicht die Stadtspitze. Die Stellungnahmen zu den Stadtratsanträgen werden in den meisten Fällen vom OB-Büro verfasst. Der OB hat nicht nur eine eigene Stimme im Stadtrat, er gehört in der Regel auch einer politischen Partei oder Wählergruppe an und ist mitnichten neutral.

Wenn sich also der OB (und sein Büro) gegen einen AfD-Antrag positionieren, dann ist das ihr gutes Recht. Sie tun das wahrscheinlich, weil sie der AfD keine Erfolge verschaffen wollen. Das ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die AfD als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird und immer wieder mit radikalen Aussagen gegen bestimmte Menschengruppen auffällt. In solchen Momenten zeigt sich die „Brandmauer“ gegen die AfD auch innerhalb der Verwaltung.

Jetzt das Dilemma: Wenn die Stadtverwaltung gute Ideen der AfD zuerst ablehnt und dann aber doch umsetzt, zerstört das das Vertrauen in die Institutionen. Dann erscheint es plötzlich nicht mehr so weit hergeholt, dass die Stadtverwaltung vielleicht auch in ganz anderen Dingen weniger neutral ist. Dann können sich auch alle anderen Fraktionen nicht mehr auf die Stellungnahmen aus der Verwaltung verlassen und der Politikbetrieb wäre massiv gestört.

Die „Brandmauer“ ist in solchen Fällen fatal.

Dann wäre es doch ehrlicher, zu sagen, dass die AfD-Idee gut ist, aber dass die AfD eben leider eine rechtsextreme Partei ist, der man keine Erfolge verschaffen solle.

Doch zu so einer klaren politischen Botschaft wird sich wohl kaum eine Stadtverwaltung hinreißen lassen. Warum eigentlich nicht?

Mit diesen eher nachdenklichen Zeilen wünsche ich Ihnen einen schönen Donnerstag!

Ihr Jonas Nayda