Zehn Jahre neue Postleitzahlen Zehn Jahre neue Postleitzahlen: Kein Aufstand am Briefkasten
Halle/Bielefeld/MZ. - Die fünfte Zahl regt niemanden mehr auf. Kommentarlos werden Briefe adressiert, kommentarlos zuckelt die Post im Briefzentrum Halle an den automatischen Lesegeräten vorbei. Ganz anders vor zehn Jahren, als am 1. Juli in Deutschland die fünfstelligen Postleitzahlen eingeführt wurden: "Für eine Straße fünf Postleitzahlen" oder "Verschollene Urlaubspost" oder "Jetzt haben wir den Zahlensalat" empörten sich Bürger und Zeitungen.
In Bayern ging sogar ein volkspatriotischer Aufruhr durchs Land, weil sie ihre "8" fortan mit Teilen Baden-Württembergs teilen mussten. Und die "0" wollte sowieso keiner haben. "Es war am Anfang wirklich nicht einfach, die Menschen von der Notwendigkeit der fünfstelligen Postleitzahl zu überzeugen", sagt Axel Wullenkord. Der Post-Manager bereitete damals mit einer 30-köpfigen Projektgruppe die Einführung der neuen Zustellziffern vor.
Die Gründe für die Einführung der fünfstelligen Nummer waren klar: Wegen der Wiedervereinigung teilte sich Halle seine 4020 mit Mettmann, Dessau seine 4500 mit Osnabrück, Leipzig seine 7012 mit Fellbach, Bernburg seine 4350 mit Recklinghausen oder Sangerhausen seine 4700 mit Hamm. Rund 900 Städte hatten in Ost und West die selben Postleitzahlen, waren "Doppelte Lottchen". Auch die Kennzeichnung der Briefe mit den Buchstaben "O" und "W" half nicht wirklich bei der Sortierung per Hand. Briefe für Halle in Westfalen landeten regelmäßig im namensgleichen Ort an der Saale - obwohl beide Städte gänzlich unterschiedliche Postleitzahlen hatten.
Wullenkord und seine Kollegen verteilten die neuen Postleitzahlen damals entsprechend der Bevölkerungsdichte. In den Städten wurden die Zahlen nach einer Art Lakritzschneckenprinzip vergeben: vom Zentrum ausgehend gegen den Uhrzeigersinn nach Außen. Statt einer einzigen Postleitzahl sind es heute in Halle 19 - diejenigen für Firmen oder Sonderaktionen nicht mitgerechnet. Selbst einzelne Straßen haben mittlerweile vier verschiedene Zustellzahlen.
Die Zahl der Postleitzahlen stieg in Gesamtdeutschland von 5400 auf heute 26400 an. Derzeit ist von rund einer Millionen Couverts, die durch die vollautomatische Anlage im Briefzentrum Halle schießen, durchschnittlich ein Brief pro Tag dabei, der noch mit der alten Postleitzahl beschriftet ist. Dieser wird von den Maschinen aussortiert und per Hand korrigiert.