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Behinderten-Hilfe Großer Sozialträger ist insolvent: Finanziert Sachsen-Anhalt nicht ausreichend?

Die Behindertenhilfe Bodelschwingh-Haus aus Wolmirstedt macht das Land für die Schieflage verantwortlich. Das Sozialministerium weist das zurück.

Von Steffen Höhne und Lisa Garn Aktualisiert: 30.01.2025, 18:52
Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne steht wegen des gekündigten Rahmenvertrages in der Kritik.
Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne steht wegen des gekündigten Rahmenvertrages in der Kritik. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Halle/MZ. - Ein fehlender Rahmenvertrag zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und sozialen Einrichtungen hat möglicherweise zu einer ersten Insolvenz geführt. Die Behindertenhilfe des Bodelschwingh-Hauses in Wolmirstedt (Börde) bei Magdeburg hat eine Sanierung eingeleitet. Das Verfahren wird in einer Insolvenz in Eigenverwaltung umgesetzt, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.

Der 2007 gegründete gemeinnützige Träger betreibt in Wolmirstedt eine Einrichtung für die Betreuung behinderter Menschen – unter anderem mit Werkstätten. Derzeit werden mehr als 400 Menschen von den knapp 160 Mitarbeitern betreut. Geschäftsführer Swen Pazina betont: „Alle laufenden Betreuungsangebote sowie unsere Dienstleistungen werden wie gewohnt und uneingeschränkt fortgeführt.“ Sanierungsexperten der Beratungsgesellschaft Innovatis aus Magdeburg begleiten die Insolvenz.

Diakonie sieht kleinere Träger gefährdet

Der Träger begründet die finanzielle Schieflage mit der Kündigung des Landesrahmenvertrages durch die Landesregierung Ende 2024. „Mit der Kündigung und dem Ausbleiben weiterer Verhandlungen bleiben die signifikant angestiegenen Personal- und Sachkosten ohne ausreichende Gegenfinanzierung“, heißt es.

In dem Rahmenvertrag sind finanzielle Leistungen etwa für die Unterstützung für Behindertenwerkstätten, Wohneinrichtungen und integrative Kitas geregelt. Nach der Kündigung werden Leistungen zwar weiter durch das Land bezahlt – aber zu den bisherigen Konditionen.

Dass Träger pleite gehen könnten, hatte die Diakonie Mitteldeutschland bereits 2024 prognostiziert. „Für die Träger haben sich die Kosten massiv erhöht“, sagt Sprecher Frieder Weigmann der MZ. „Seit Januar wurden Tariflöhne angehoben, hinzu kommen hohe Steigerungen für Betriebs- und Sachkosten. Doch die sind über das Land nicht refinanziert.“ Größere Träger könnten diese höheren Summen noch aus Rücklagen kompensieren. „Aber die kleineren kommen jetzt in Existenznot. Es ist davon auszugehen, dass der Fall in Wolmirstedt nicht der letzte ist.“

Ministerium weist auf Hilfen hin

Das Sozialministerium unter der Leitung von Petra Grimm-Benne (SPD) bestreitet einen Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag. „Die fehlende Refinanzierung für Sach- und Personalkosten im Bodelschwingh-Haus liegt nicht in der Kündigung des Landesrahmenvertrages begründet“, so das Ministerium.

Allen Trägern sei eine Information zugegangen, wonach sich die Träger bei Liquiditätsproblemen umgehend an die Sozialagentur wenden sollen, um kurzfristig Verhandlungen aufzunehmen. Bisher hätten das zwei Träger getan.