Migration Mehr ausländische Azubis: Welche Branchen in Sachsen-Anhalt vor allem Syrer und Ukrainer einstellen
In Sachsen-Anhalt steigt die Zahl der nicht-deutschen Lehrlinge. Das Land will jetzt auch junge Menschen anwerben. Welche großen Hürden es bei der Integration noch gibt.
Halle/MZ. - Die Zahl der ausländischen Auszubildenden in Sachsen-Anhalt steigt von Jahr zu Jahr – ohne sie wäre der Azubimangel noch deutlich höher. „Junge Ausländer sind inzwischen ein Baustein, um die Ausbildungsplätze zu besetzen“, sagt Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) der MZ.
Im Vorjahr gab es laut Statistischem Landesamt 1.779 Lehrlinge, die keinen deutschen Pass hatten. Das entspricht einem Anteil von knapp sieben Prozent. Damit hat sich die Zahl seit 2016 verdreifacht. Insgesamt gab es 2023 mehr als 26.000 Lehrlinge in der dualen Ausbildung.
Die meisten ausländischen Bewerber kommen laut Landesarbeitsagentur aus Syrien. 247 junge Syrer suchen in diesem Jahr eine Lehrstelle im Land, gefolgt von Ukrainern (88) und Afghanen (66). Aus den gesamten EU-Staaten sind es lediglich 113.
Die größte Hürde ist weiter das Sprachniveau.
Die ausländischen Azubis sind der Statistik zufolge vor allem in der Gastronomie, dem Handel und der Industrie tätig. Nach Angaben der Ausbildungsexpertin Simone Danek lernen im IHK-Kammerbezirk etwa 44 Prozent der ausländischen Azubis im Hotel- und Gaststättengewerbe. Jeweils sieben Prozent seien in der Lebensmittelbranche und der Logistik tätig. „Die schulische Bildung der ausländischen Jugendlichen hängt vom Herkunftsland ab, auch davon, wie lange die ausländischen Jugendlichen bereits in Deutschland sind“, so die IHK-Geschäftsführerin für Aus- und Weiterbildung. Die größte Hürde sei weiter das Sprachniveau. Laut Arbeitsagentur haben viele Firmenchefs Sorge, dass Ausländer den Anforderungen in der Berufsschule nicht gewachsen sind.
Niemand darf verloren gehen.
Markus Behrens, Chef der Landesarbeitsagentur
Das Handwerk in Sachsen-Anhalt bildet aktuell etwa 400 Ausländer aus. Bei der Handwerkskammer Halle sind die häufigsten Berufe Kfz-Mechatroniker (60 Ausbildungsverträge) und Elektroniker (33). Seit 2019 gibt es im Handwerk aber kaum mehr einen Zuwachs bei den ausländischen Azubis. Laut Kammer könnte der Grund dafür sein, dass es den Betrieben schwerfällt, „Personal zur Betreuung abzustellen“.
Eine Erfolgsgarantie gibt es dabei nicht: Die Heizungs- und Sanitärfirma Berendt aus Köthen (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) hatte einen jungen Mann aus Eritrea zu einer erfolgreichen Ausbildung verholfen. Dieser hat den Job inzwischen aber gekündigt. „Er hat gemacht, was man ihm gesagt hat. Eigenständig konnte er nach der Ausbildung aber nicht arbeiten“, sagt Firmenchef Carsten Berendt. Fehlende Selbstständigkeit stellt der Firmenchef auch bei deutschen Azubis fest. „Mir ist egal, ob jemand weiß, schwarz oder gelb ist, am Ende muss die Arbeit gut gemacht werden“, so Berendt.
Gute Kontakte zu Schulen in Viernam
Der Naumburger Gastronom Michael Schmidt hat in den vergangenen Jahren Vietnamesen, Marokkaner, Armenier und Tadschiken in den beiden Hotels „Zur Henne“ und „Hallescher Anger“ zu Hotel- und Restaurantfachkräften sowie Köchen ausgebildet. „Jahrelang hatten wir freie Plätze, da habe ich selbst angefangen, im Ausland junge Menschen anzuwerben“, berichtet Schmidt. Daraus sei ein Kontakt zu Schulen in Vietnam entstanden. „Die jungen Menschen werden dort durch Deutschkurse auf die Arbeit hier vorbereitet“, sagt Schmidt, der als Landeschef des Gastroverbandes Dehoga diese Woche wieder nach Vietnam gereist ist.
Aufbauend auf den Kontakten der Dehoga will auch Sachsen-Anhalt nun verstärkt in Vietnam um Fachkräfte und Auszubildende werben. Eine entsprechende Initiative stellte Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) im Juni vor.
Trotz Azubi-Mangel ist es für hier lebende Ausländer nicht einfach, eine Lehrstelle zu finden. Statistisch gesehen hatte von drei Bewerbern in diesem Jahr im August erst einer eine Lehrstelle gefunden. Ziel ist laut Markus Behrens, Chef der Landesarbeitsagentur, dass kein Jugendlicher am Ende des Jahres ohne ein Angebot bleibt. Seit Oktober hätten die Arbeitsagenturen ihre Nachvermittlungsaktionen gestartet. „Niemand darf verloren gehen – unabhängig von seiner Herkunft“, so Behrens.