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Absturz von DHL-Flieger Alles durchleuchtet? - Wie sicher ist das DHL-Drehkreuz am Airport Leipzig/Halle

Nach Unfällen und Anschlägen rückt regelmäßig die Sicherheit in der Luftfracht in den Blick. Geheimdienste warnen vor Sabotage. Wie am DHL-Drehkreuz in Leipzig/Halle geprüft wird.

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 25.11.2024, 17:13
Jede Nacht werden mehr als 60 DHL-Frachtmaschinen am Flughafen Leipzig/Halle ent- und beladen.
Jede Nacht werden mehr als 60 DHL-Frachtmaschinen am Flughafen Leipzig/Halle ent- und beladen. Foto: picture alliance / dpa

Schkeuditz/MZ. - Wer in das DHL-Luftfrachtzentrum am Flughafen Leipzig/Halle möchte, muss wie an jedem Flughafen durch einen Sicherheitscheck: Schuhe ausziehen, Körperscanner, das Gebäck wird durchleuchtet. Auch diejenigen der 7.000 DHL-Mitarbeiter am Standort, die jede Nacht den Umschlag hunderttausender Päckchen organisieren und vornehmen, müssen täglich durch die Sicherheitsschleusen.

Nach Flugzeugabstürzen wie jetzt bei der DHL-Maschine in Vilnius kommt jedoch regelmäßig die Diskussion auf, wie sicher die Luftfracht in Deutschland ist. Diese Frage stellt sich spätestens seit Mitte Oktober hierzulande wieder akut. Die Spitzen der deutschen Geheimdienste warnten damals bei der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags die Bevölkerung vor Naivität. Russlands Präsident Wladimir Putin habe Deutschland längst zum Feind erklärt, betonten die Präsidenten der drei Nachrichtendienste.

Behörden warnen vor Anschlag bei Luftfracht

Als Beleg führte der damals noch tätige Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang ein Päckchen an, das im Juli 2024 im DHL-Luftfrachtzentrum in Leipzig in Brand geraten war. Nach seiner Einschätzung war Deutschland nur knapp an einem Flugzeugabsturz vorbeigeschrammt. Denn es sei nur ein glücklicher Zufall gewesen, dass das Paket aus dem Baltikum am Boden in Brand geraten war. Haldenwang sprach von Sabotage. DHL teilte auf Anfrage nur allgemein mit, man habe die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Details wurden nicht genannt.

Jede Nacht landen und starten zwischen 23 und 5 Uhr mehr als 60 DHL-Flieger aus der ganzen Welt in Leipzig/Halle. Sie führen täglich etwa 2.500 Tonnen Fracht mit sich – das sind hunderttausende Briefe und Päckchen. In einem automatisierten Sortierzentrum werden die Warenströme neu gebündelt. Zur Veranschaulichung: So werden beispielsweise alle Pakete aus Italien, Polen oder Schweden in die USA auf einen Flieger geleitet.

Das Portal Flightradar24 zeigt den Flug der Unglücksmaschine von Swiftair  im Auftrag von DHL. Das Flugzeug ist am Airport Leipzig/Halle gestartet und sollte nach  Vilnius fliegen. Es handelte sich um eine Boeing 737-476.
Das Portal Flightradar24 zeigt den Flug der Unglücksmaschine von Swiftair im Auftrag von DHL. Das Flugzeug ist am Airport Leipzig/Halle gestartet und sollte nach Vilnius fliegen. Es handelte sich um eine Boeing 737-476.
Foto: Flightradar/sreenshot

Nachdem im Jahr 2010 eine aus dem Jemen stammende Paketbombe in einem Flieger in England sichergestellt wurde, lüftete der Konzern seine Sicherheitsvorkehrungen auch in Leipzig/Halle etwas. So teilte ein DHL-Manager damals mit, dass jede Sendung automatisiert durchleuchtet wird. Bei Paketen und Briefen sei das einfacher als bei sperrigen Gütern.

Nach Worten von Luftfahrtexperte Cord Schellenberg ist allein die Bewältigung des enormen Luftfrachtaufkommens für die Sicherheit eine große Herausforderung.

Grundsätzlich wird zwischen „sicheren und unsicheren Versendern“ unterschieden. Um Luftfracht zu transportieren, können sich Unternehmen beim Luftfahrtbundesamt als „bekannter Versender“ zertifizieren lassen. So kann mit Transportfirmen eine sogenannte „sichere Lieferkette“ aufgebaut werden. Schellenberg erläutert das so: „Für hunderte Computer können keine schnellen Sicherheitsprüfungen vorgenommen werden. In der Regel übernehmen das die Unternehmen, die die Waren herstellen.“ In der Lieferkette seien dann keine weiteren Sicherheitschecks mehr notwendig.

Wie „unsichere Versender“ sicher werden

Anders sieht das bei „unsicheren Versendern“ aus, das sind unter anderem Privatpersonen, die ein Päckchen retour schicken. Diese müssen einmal einen Sicherheitscheck – etwa durch ein Röntgengerät oder Sprengstoffhund – durchlaufen. Das Päckchen erhält dann den Status „sicher“ und muss auf dem weiteren Weg nicht mehr kontrolliert werden. Ein Beispiel: Gibt ein privater Kunde in Halle ein Paket für Luftfracht auf, so wird es im regionalen Paketzentrum geröntgt und dann als sicher deklariert.

Mit Blick auf die Millionen Pakete, die täglich in Europa transportiert werden, werten Experten die „sichere Lieferkette“ als Erfolg. Da häufig viele unterschiedliche Firmen in der Lieferkette eingebunden sind, besteht aber die Möglichkeit der Manipulation.

Als „sehr sicher“ wertet Schellenberg den Transportflug. „Alle europäischen Airlines müssen höchste Sicherheitsvorschriften erfüllen“, sagt der Luftfahrtexperte, Das werde regelmäßig durch die Behörden auch überprüft.

Jets werden streng geprüft

Allein das Alter einer Maschine sagt laut Schellenberg nichts über dessen Sicherheit aus. Die abgestürzte DHL-Maschine in Vilnius sei zwar 31 Jahre alt, „doch die wenigsten Teile des Flugzeuges sind so alt“. Schellenberg vergleicht das mit einem Pkw: „Nach einer bestimmten Laufleistung muss der Zahnriemen gewechselt werden.“ So sei das auch bei Flugzeugteilen. Die Inspektionen und Wartungsintervalle seien genau festgelegt.

Die Unglücksmaschine wurde am 6. Oktober 1993 von „Australian Airlines“ in Betrieb genommen. Sie wurde später von mehreren Fluggesellschaften genutzt und 2015 von einem Passagier- zu einem Frachtflugzeug umgebaut. Das ist üblich. Die meisten Frachtflugzeuge waren einmal Passagierjets. „Nach den einsehbaren Daten ist das Flugzeug zuletzt zwei- bis dreimal täglich geflogen“, berichtet Schellenberg. Die Maschine der spanischen Airline Swiftair sei nicht mehr stark beansprucht worden.