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Wernigerode Wernigerode: Im Robert-Koch-Institut geht es Bakterien an den Kragen

Von Dörthe Hein 04.02.2008, 07:13
Der Mikrobiologe Professor Wolfgang Witte, Leiter im Wernigeröder Robert-Koch-Institut, arbeitet im Labor des Institutes. (Foto: dpa)
Der Mikrobiologe Professor Wolfgang Witte, Leiter im Wernigeröder Robert-Koch-Institut, arbeitet im Labor des Institutes. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Wernigerode/dpa. - In einem denkmalgeschützten Haus in derbeschaulichen Fachwerkstadt am Harzrand arbeiten in der einzigenAußenstelle des Robert-Koch-Instituts (RKI) außerhalb Berlins 70Forscher auf den Spuren der Erreger, die aus ganz Deutschlandeingeschickt werden. «Wir beschäftigen uns mit bakteriellenInfektionen», fasst der Leiter der Außenstelle, Professor WolfgangWitte, zusammen.

Die Wernigeröder kommen ins Spiel, wenn in deutschenKrankenhäusern übermäßig viele Bakterien auftauchen, die sich vonPatient über Ärzte und Schwestern zu den nächsten Patientenverbreiten. Für frisch operierte, deren Immunsystem geschwächt ist,können sie gefährlich werden. Besonderes Augenmerk richten dieForscher auf Bakterien, gegen die auch verschiedene Antibiotikanichts mehr ausrichten können. «Die Frage ist, wo treten sie auf undwie breiten sie sich aus», sagt der Mikrobiologe Witte. Ziel sei,eine Art Frühwarnsystem zu schaffen. «Wenn ich weiß, wie sich etwasausbreitet, kann ich gezielt dagegen angehen.»

Zwischen den Jahren 1990 und 2002 hätten sich die gefährlichenErreger von Krankenhausinfektionen erheblich ausgebreitet. Umgegenzusteuern wurden - unter anderem auf Grundlage der Erkenntnisseder Forscher in Wernigerode - Richtlinien für die Krankenhaushygieneentwickelt. Heute zieht Witte das Fazit: «Was die Umsetzung unsererErkenntnisse in der Präventionspraxis angeht, könnte es besser sein.»

Nach Wittes Hochrechnung sterben in deutschen Krankenhäusernjährlich etwa 1500 Menschen an vermeidbaren sogenannten MRSA-Infektionen. Eine Meldepflicht gibt es bisher nicht, soll aber aufVeranlassung des Bundesgesundheitsministeriums eingeführt werden. DerMangel an Hygiene - zu dem vor allem das Händewaschen und -desinfizieren gehören - sei in einigen Fällen der Nachlässigkeit desPersonals geschuldet, zum anderen aber auch der zu knappen Besetzung.

Neben diesen Gebiet der Krankenhaushygiene ist in Wernigerode derFachbereich angesiedelt, der sich mit bakteriellenDurchfallerkrankungen befasst - ausgelöst etwa durch Salmonellen.«Pro Jahr erkranken in Deutschland daran etwa 90 000 bis 100 000Menschen», sagt Witte. «Da stirbt zwar niemand dran, aber das isteine bemerkenswerte Anzahl.» Labore und verschiedene Institutionenschicken jährlich bis zu 10 000 Proben nach Wernigerode, damit dieMitarbeiter dort die Erreger typisieren und ihre Ausbreitunguntersuchen können. «Wir unterscheiden, ob es sich um gefährlicheoder weniger gefährliche Erreger handelt.» Diese könnten leichteDurchfälle, aber auch Nierenschäden verursachen. Das Institutbeherbergt dazu auch das nationale Referenzlabor für bakterielleDarmerkrankungen.

Dass die Außenstelle des RKI ausgerechnet am nordöstlichenHarzrand angesiedelt ist, hat historische Gründe, wie Witte erklärt.Das Institut sei hervorgegangen aus einer sanitärepidemiologischenStation der Roten Armee nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach denEntbehrungen der Kriegsjahre waren viele Soldaten und Umsiedler anFleckfieber, Typhus, Ruhr oder Tuberkulose erkrankt. In Wernigerodewurde daran gearbeitet, die Infektionen einzudämmen.

Später entstanden daraus ein Hygieneinstitut und das Institut fürExperimentelle Epidemiologie der DDR. Nach der Wende 1990 wurde dieEinrichtung Teil des Robert-Koch-Instituts. In die Modernisierung desGebäudes und der Labore wurden rund 40 Millionen Euro investiert.Schließungsüberlegungen, die vor einiger Zeit aufgetaucht waren, sindlaut Witte vom Tisch.