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Weihnachtsmann-Vermittlung Weihnachtsmann-Vermittlung: Schöne Bescherung kommt vom Arbeitsamt

Von Hajo Krämer 16.12.2003, 18:55

Halle/MZ. - Können Engel fliegen? Natürlich können sie das, sagt der Weihnachtsmann. Aber was, wenn daraufhin ein kleines Mädchen bei der Bescherung am Heiligabend das Fenster öffnet und um eine Vorführung bittet? "Dann muss man sich schon eine fantasievolle Geschichte einfallen lassen, damit die Kleine auch ohne Engel-Flugschau zufrieden ist", erzählt Weihnachtsmann Enrico Quaiser und streicht sich lächelnd über den langen künstlichen Bart.

"Schlagfertigkeit und Einfühlungsvermögen sind wichtig", sagt der 27-jährige Student der Betriebswirtschaftslehre. Er hat Erfahrung. Seit fünf Jahren beschert er im Dienst der Weinachtsmannvermittlung des Arbeitsamtes Halle. Eine Studentin hat sich in diesem Jahr als Engel zur Verfügung gestellt, so richtig mit eigenem Kostüm und Flügeln. Bisher wurde sie noch nicht angefordert. Vielleicht sollte sie darüber froh sein...

Aber bis Heiligabend ist ja auch noch ein bisschen Zeit. Bis dahin sind überall in Sachsen-Anhalt über 100 Weihnachtsmänner vom Amt unterwegs: bei Betriebsfeiern, auf Weihnachtsmärkten, in Kaufhäusern, Gaststätten, Schulen, Kindereinrichtungen und Krankenhäusern. Je nach Wunsch des Auftraggebers. Enrico Quaiser spielt in der halleschen Gasthausbrauerei Schad Knecht Ruprecht. Abends wirft er sich in die vom Arbeitsamt zur Verfügung gestellte Kutte und streift den weißen Bart über, den sich die Männer wegen der Hygiene selbst besorgen müssen. Dann greift er sich den schmalen Sack mit ein paar Süßigkeiten, kleinen Geschenken und Kümmerling-Flaschen und los geht's.

"Ho ho!" Er tritt zu einer geselligen Frauenrunde. "Der hat ja gar nichts im Sack", ruft eine blonde Frau und alles quiekt vergnügt. "Na, dann komme ich doch gleich mal zu dir, kleines Großmaul", sagt Enrico Quaiser feierlich drohend und hat die neugierigen Lacher sogleich auf seiner Seite. Die gerechte Strafe folgt auf dem Fuße. Die Frau muss singen, alle stimmen ein: "Leise rieselt der Schnee..." Ein Engelschor mit mehr Stimmen als Kehlen.

Aber der Weihnachtsmann ist vollauf zufrieden und verschenkt einen Nussknacker "für die Bewältigung dieser schweren Gesangs-Aufgabe", wie er augenzwinkernd sagt. "Solche heiteren Runden sind Selbstläufer", erzählt Enrico Quaiser. "Da hätte jetzt auch der Osterhase reinkommen können, er hätte leichtes Spiel gehabt." Ein paar Tische weiter lässt ihn eine Runde christlicher Studenten abblitzen. "Die wollen keinen Party-Weihnachtsmann", bemerkt Enrico Quaiser und dreht verständnisvoll ab. Alles im grünen Bereich. Da hat er bei seinen Straßen-Einsätzen schon ganz andere Sachen erlebt: Lästernde Jugendliche, die ihm den Bart herunterziehen, bis hin zu Eltern, die ihre Kinder immer wieder vorschieben, weil es da Süßes kostenlos gibt. Schöne Bescherung.

"Aber das sind Ausnahmen", sagt Student Quaiser. Und die sind zu verschmerzen. 25 bis 30 Euro bekommt er pro Einsatz vom Auftraggeber. Die Vermittlung durch die Arbeitsämter ist kostenlos. Meist sind die Weihnachtsmänner jetzt so gut wie ausgebucht. Die 24 in Halle bekommen gerade ihre Tourenpläne für den 24. Dezember, damit sie Absprachen mit den Familien treffen können, wie die Bescherung gewünscht wird.

"Der Trend geht zurück zum klassischen, besinnlichen Fest in der Familie", hat Enrico Quaiser in den vergangenen Jahren beobachtet. "So richtig mit Musik, Gedichten, Spielen, und alle Generationen sitzen zusammen." Da hat er schon mal drei Riesensäcke auszupacken. Mitunter gehört er fast zur Familie. "Viele bestellen mich jedes Jahr", freut sich Enrico Quaiser. Als Kind hat er selber mit großen Augen vor dem Weihnachtsmann gestanden. "Heute sehe ich das aus der anderen Perspektive. Es ist ein wunderbares Gefühl, den Kindern etwas weiterzugeben."