Wasserwerk Colbitz Wasserwerk Colbitz: Ein Krokodil als Dankeschön

Magdeburg/Colbitz/dpa. - Das Vertrauen in die Fähigkeiten der DDR war unbegrenzt. Ein Krokodil unterbringen? Kein Problem. „Die afrikanische Mentalität war damals so: Die DDR kann alles“, erinnert sich der frühere Leiter des Wasserwerkes Colbitz bei Magdeburg, Gunter Hellmann (75). Und so schenkte die Stadt Kayes im westafrikanischen Mali der Stadt Magdeburg vor fast 40 Jahren als Dank für den Aufbau eines Wasserwerkes ein kleines Krokodil.
Aus dem 22 Zentimeter kleinen Winzling ist heute das 3,5 Meter Meter lange Raubtier Theophila geworden. Anfangs war das Nilkrokodil die Attraktion in einem kleinen Terrarium in der Zentrale des Volkseigenen Betriebs Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Magdeburg. Doch das Tier wuchs und wuchs. Wohin damit? Im Zoo Magdeburg war kein Platz. Und auch heute hat er kein Interesse an Theophila - zu groß wäre der Aufwand, sagt Marketing-Chef Björn Encke. Und so fand Theophila schließlich im Wasserwerk Colbitz eine Heimat - direkt bei Hellmann, der in Afrika das Wasserwerk gebaut hatte.
„Scherzhaft haben wir gesagt, das ist unser Wassertester“, erinnert sich Hellmann. Denn manche Wasserwerke würden Fische halten, um immer die Qualität des Trinkwassers zu überprüfen. Doch als Wassertester ist Theophila nicht geeignet - und schwimmt auch gar nicht in einem großen Trinkwasserbecken, sondern in einem eigenen Terrarium mit Becken und Fußbodenheizung. Heute ist Theophila die Attraktion des Wasserwerkes - einmal im Jahr lädt der Betrieb zum Tag der offenen Tür.
Hellmann öffnet die Tür zum Terrarium und hockt sich hinter die schützenden, dicken Eisenstangen. Ganz langsam schwimmt Theophila, rund 280 Kilogramm schwer, quer durch das Becken, klettert an Land und schaut nach Fressen. Für das Futter ist inzwischen Hellmanns Nachfolger als Wasserwerk-Chef, Ingolf Kriegel (57), verantwortlich. „Wir füttern alle zwei bis drei Wochen“, sagt Kriegel. Das sei in der Natur auch nicht viel anders.
Die deutsche Einheit brachte auch für Theophila Veränderungen. „Ich hatte den Auftrag, das Krokodil loszuwerden, weil der Geschäftsführung das zu heikel war“, erinnert sich Hellmann an die Zeit 1990/91. Doch er wollte „sein“ Krokodil nicht loswerden. „Ich habe das hintertrieben“, räumt er ein. Schließlich die Entscheidung: Das Krokodil darf bleiben. Aber es musste umgebaut werden. Um die Artenschutzvorschriften zu erfüllen, wurde ein neues, größeres Terrarium in einem Treppenhaus gebaut.
In den vergangenen Jahren wurde das Krokodil mehr und mehr für das Marketing der Trinkwasserversorgung Magdeburg (TWM) GmbH entdeckt. „So ein Krokodil steht für Nachhaltigkeit“, sagt TWM-Sprecher Peter Bogel. Theophila habe das Wasserwerk Colbitz berühmt gemacht, er kenne kein anderes Wasserwerk mit einem Krokodil. 15 000 kleine Schlüsselanhänger mit einer Theophila-Figur wurden schon verteilt.
Vor sechs Jahren gab es eine Überraschung: Im Terrarium wurden unbefruchtete Krokodil-Eier gefunden. Seither steht fest: Das Krokodil, das erst Theophil hieß, ist in Wirklichkeit ein Weibchen. Die Wasserwerker benannten es kurzerhand um.
Bis über sechs Meter lang kann ein Nilkrokodil werden und 100 Jahre alt. „Es hat hier keinen Stress, vielleicht wird es noch älter“, sagt Wasserwerk-Chef Kriegel. Langweilen würde sich das Tier auch nicht. „Ein Krokodil ist von Natur aus ein Einzeltier.“ Und der frühere Leiter des Werkes, Hellmann, besucht es noch heute vier bis fünfmal im Jahr. „Ich weiß es in guten Händen.“
Manche Tierschützer sind aber besorgt. „Es ist nicht möglich, Wildtiere in der Gefangenschaft artgerecht zu halten“, sagt etwa Nadja Kutscher, Expertin für exotische Heimtiere bei der Tierschutzorganisation Peta in Deutschland. Sie lehnt deshalb auch Zoos grundsätzlich ab. Aber solch ein Tier könne man nach fast 40 Jahren auch nicht einfach wieder in die Freiheit entlassen. Der Fall sei aber ein gutes Beispiel, dass man Tiere nicht verschenken solle.