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Was läuft da schief? Was läuft da schief?: Spargel verliert in Sachsen-Anhalt an Boden

Halle (Saale) - In keinem anderen Land Europas ist das Edelgemüse so beliebt. Die Spargelernte ist in diesen Tagen angelaufen. Doch gegen den deutschen Trend wird auf den Feldern Sachsen-Anhalts weniger gestochen.

Von Steffen Höhne 22.04.2016, 19:23

In keinem anderen Land Europas ist das Edelgemüse so beliebt. Die Spargelernte ist in diesen Tagen angelaufen. Doch gegen den deutschen Trend wird auf den Feldern Sachsen-Anhalts weniger gestochen.

Nach Schätzungen des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt wird die Anbaufläche in diesem Jahr bei etwa 700 Hektar liegen. In den vergangenen Jahren zogen sich immer mehr Betriebe wegen steigender Lohn- und Vertriebskosten aus der Produktion zurück. Zum Vergleich: Noch vor zehn Jahren war die Anbaufläche im Land mit 1 324 Hektar fast doppelt so groß.

Den damit verbundenen Rückgang der Produktion begründet Bauernpräsident Olaf Feuerborn so: „Die Kosten der Spargelproduktion steigen von Jahr zu Jahr, bei den Grundpreisen für das Gemüse hat sich aber nicht viel getan.“ So sei die Ernte sehr arbeitsintensiv. Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hätten sich die Lohnkosten für die vor allem osteuropäischen Saisonkräfte deutlich erhöht. Laut Tarifvertrag liegt der Mindestlohn in Ostdeutschland in diesem Jahr bei 7,90 Euro pro Stunde, im Jahr 2014 waren es erst 6,40 Euro.

Aufwändig ist laut Feuerborn auch die Vermarktung. So seien in den ländlichen Regionen die Absatzmärkte beschränkt. Der Spargel werde meist über Stände an Straßen oder Wochenmärkte verkauft. Der Weg in die Ballungszentren wie Halle/Leipzig und Berlin sei relativ lang.

Die großen Anbaugebiete in Brandenburg und Sachsen sind zudem starke Wettbewerber. In Beelitz im Landkreis Potsdam-Mittelmark liegt das drittgrößte Spargelanbaugebiet Deutschlands. In Nordsachsen dominiert der Spargelhof Kyhna. Beide beliefern auch die Supermarkt-Ketten. Bie Anbaugebiete in West- und Süddeutschland profitieren ebenfalls von den umliegenden großen Ballungszentren.

Gründe für den Rückgang sieht Spargelbauer Hans-Joachim Wuttig, Vorstand der Agrico Lindau (Landkreis Anhalt-Bitterfeld), auch im Generationswechsel in den Betrieben. „Wenn bestimmte Führungskräfte mit langjähriger Erfahrung im Spargelanbau ausscheiden, führen ihre Nachfolger die Geschäfte mitunter nicht weiter“, erklärt der Landwirt die Situation.

Insgesamt nimmt die Spargelproduktion in Deutschland weiter zu. Nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) wurde das Edelgemüse 2015 auf einer Fläche von 25 705 Hektar angebaut. Das ist ein Plus von zwei Prozent zum Vorjahr. „Interessant ist, dass Importe aus Griechenland, Spanien oder Peru von heimischer Produktion zurückgedrängt werden“, sagt AMI-Gemüseexperte Michael Koch. Der Selbstversorgungsgrad sei in den vergangenen 20 Jahren von 39 auf zuletzt 84 Prozent gestiegen. Das heißt, der Spargel, der auf dem Teller liegt, kommt meist aus Deutschland. Dafür greifen die Kunden auch tief in die Tasche. Der durchschnittliche Kilogrammpreis lag im vergangenen Jahr bei immerhin 6,70 Euro. Durch die kühle Witterung im April ist die Spargel-Ernte in diesem Jahr vergleichsweise spät angelaufen. (mz)