Warnstreik Warnstreik: Pauken und Proteste
NAUMBURG/MZ. - An den Plakaten in den Fenstern der Schule jedoch konnte man sehen, dass es kein normaler Schultag werden würde. "Warnstreik" stand dort schwarz auf pink. Um die Ecke, am Schuleingang in der Poststraße, versammelten sich nach der vierten Stunde die ersten Lehrer. Trillerpfeifen und Plastikwesten mit Gewerkschaftslogo lagen bereit, mit jeder eintreffenden Lehrergruppe wurden mehr Fahnen entrollt. Die Gewerkschaften hatte gestern in Naumburg wie auch in Sangerhausen, in Dessau-Roßlau und Halle zu Warnstreiks an den Schulen aufgerufen. "Der Warnstreik heute hat eher symbolischen Charakter", sagte Lehrer Peter Dammann. Dramatische Auswirkungen auf die Betreuung der Schüler habe die Aktion nicht. "Wir haben in dieser Frage eng mit der Schulleitung zusammengearbeitet", erklärte Dammann. Einige der Lehrer berichteten, sie hätten ohnehin gerade eine Freistunde. Ein Sozialkundelehrer erklärte, er habe seine zehnte Klasse mit zum Warnstreik gebeten, um ihnen "praktische Gesellschaftslehre" zu bieten.
Aus einigen Metern Entfernung wurde das Geschehen von kleinen Grüppchen von Elft- und Zwölftklässlern beobachtet. "Unsere Mathelehrerin ist im Hinblick auf das Abi nicht zum Streik gegangen", sagte Alexander Rolle. Ab der siebten Stunde gehe der Nachmittagsunterricht ohnehin wie gewohnt weiter. Die Schüler äußern Verständnis für die Forderungen der streikenden Lehrer. Und sie finden, dass diese in den bunten Streikwesten "irgendwie schon cool" aussehen.
Ihr Hauptziel sei es nicht, acht Prozent mehr Gehalt zu fordern, sagt Petra Ehrhard. Die Mathe- und Physiklehrerin aus Freyburg (Burgenlandkreis) findet es genauso wichtig, auf Lehrermangel, das hohe Durchschnittsalter der Kollegien sowie die oft schlechte Ausstattung der Schulen im Land hinzuweisen. "Die Missstände müssen aufgedeckt werden", sagt Ehrhard. Sie selbst habe noch nie gestreikt. "Jetzt ist das Maß voll." An der Freyburger Sekundarschule hätten sich einige Kollegen bereit erklärt, die Betreuung der Schüler zu übernehmen. Die übrigen konnten nach Naumburg fahren.
Mit dem gesamten Kollegium ist Reinhard Schumann aus Bad Bibra angereist. "Wir haben einen Notdienst eingerichtet, aber der wurde nicht gebraucht", sagt der Sekundarschullehrer. Heute Morgen seien keine Kinder in die Bad Bibraer Schule gekommen. "Die Eltern waren über den Streik informiert und haben wohl entschieden, sie zu Hause zu lassen", vermutet er.
Die Bad Bibraer Schule und eine Sekundarschule in Halle seien die einzigen, in die gestern keine Schüler gekommen seien, teilt eine Sprecherin des Landesverwaltungsamtes mit. Ansonsten habe es mit der Betreuung der Kinder während der Warnstreiks keine Probleme gegeben. Das Verhalten der Lehrer habe gezeigt, dass sie die Schüler nicht zu Leidtragenden im Streit für höhere Löhne machen wollten, meinte der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Thomas Leimbach. Nur an drei Schulen, unter anderem an die Humboldt-Schule in Naumburg, schickte das Landesverwaltungsamt 16 Lehrer, um die Notfallpläne zu sichern.
Sowohl in Dessau wie auch in Halle und Sangerhausen protestierten die Lehrer gemeinsam mit Bediensteten von Straßenmeistereien und anderen öffentlichen Einrichtungen. Aus Dessau und Sangerhausen wurden je 400 Teilnehmer gemeldet. In Halle gingen die Angaben auseinander. Die Polizei sprach von 500 Teilnehmern. Laut Gewerkschaften waren es rund 1 000.
"Die Warnstreiks sollen ein Schuss vor den Bug sein", sagt Thomas Lippmann, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bei der Kundgebung vor dem Naumburger Domgymnasium. Die rund 150 Lehrer, die sich dort versammelt hatten, antworten mit Klatschen und Trillerpfeifen. Dass der Schuss überhört wird und es zu längeren Streiks kommt, hoffen auch die Schüler nicht. "Jede Stunde Unterrichtsausfall kurz vor dem Abi ist ärgerlich", sagt der 19-jährige Hans Wendler.
