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Währungsumstellung am 18. Mai 1990 Währungsumstellung am 18. Mai 1990: D-Mark und DDR-Mark - zwei ganz unterschiedliche Geschwister

11.05.2015, 14:24
ach Zahlen der Deutschen Bundesbank waren Ende November 2012 noch rund 171 Millionen D-Mark-Scheine und rund 23,7 Milliarden D-Mark-Münzen im Umlauf. (FOTO: DPA)
ach Zahlen der Deutschen Bundesbank waren Ende November 2012 noch rund 171 Millionen D-Mark-Scheine und rund 23,7 Milliarden D-Mark-Münzen im Umlauf. (FOTO: DPA) dpa

Berlin - Geboren in Währungsreformen im Sommer 1948, waren die D-Mark und die Mark der DDR quasi Geschwister der deutschen Nachkriegswirren - allerdings zwei, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier das „harte“ Westgeld, das sich in der weltwirtschaftlichen Konkurrenz bald bewährte und an internationalen Devisenmärkten immer begehrter wurde. Dort eine reine „Binnenwährung“, die erst ebenfalls DM abgekürzt wurde (Deutsche Mark der Deutschen Notenbank) und von 1968 bis zum Schluss Mark der Deutschen Demokratischen Republik (M) hieß.

Nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 überschlugen sich die Ereignisse. Schon rund drei Monate danach stehen die Zeichen auf Währungsunion - und nach vier weiteren Monaten sind Bundesrepublik und DDR wirtschaftlich vereint. Damit ist die deutsche Wiedervereinigung, die am 3. Oktober offiziell folgt, praktisch schon vorweggenommen. Die wichtigsten Etappen auf dem Weg zur deutsch-deutschen Währungsunion:

Am 9. November 1989 öffnet das DDR-Regime die Berliner Mauer. Der „Eiserne Vorhang“ ist Geschichte. DDR-Bürger stürmen in den Westen. Dort stehen sie an den Zahlstellen in langen Schlangen für 100 D-Mark „Begrüßungsgeld“ an. Am 28. November 1989 legt Bundeskanzler Helmut Kohl einen Zehn-Punkte-Plan für den Weg zur Wiedervereinigung vor. Von einer baldigen Währungsunion oder gar Vereinigung ist damals noch keine Rede.

Am 5. Dezember 1989 vereinbaren die Bundesrepublik und die DDR einen Reisedevisenfonds, der für Reisende aus der DDR den Geldumtausch ermöglichen soll. Der Fonds tritt zum Jahreswechsel an die Stelle des „Begrüßungsgeldes“. Der Umtauschkurs: 1:1 für die ersten 100 DM, 1:5 für die zweiten 100 DM. Ende 1989 werden auf den anhaltenden Protestdemonstrationen zunehmende Rufe laut: „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr.“ Weihnachten
verzichtet die DDR auf den zuvor von westdeutschen Reisenden verlangten Mindestumtausch.

Am 2. Januar 1990 führt die DDR für westdeutsche Reisende einen Tauschkurs von 1 DM = 3 Mark statt zuvor 1 Mark ein. Der Kurs wird am 2. Mai auf 1 DM = 2 Mark heraufgesetzt. Am 6. Februar kündigt Kohl überraschend an, dass er der DDR sofortige Verhandlungen über eine Wirtschafts- und Währungsunion vorschlagen will. Am 13. Februar verständigen sich Kohl und DDR-Ministerpräsident Hans Modrow im Grundsatz auf eine Währungsunion. Eine gemeinsame Kommission soll sofort für die Einführung der D-Mark in der DDR die erforderlichen Voraussetzungen schaffen.

Am 18. März 1990 fanden die ersten freien Wahlen in der DDR statt. Sieg der „Allianz für Deutschland“. Inzwischen wird heftig über den richtigen Umstellungskurs von Ost- zu West-Mark gestritten. „Eins zu Eins, oder wir werden niemals Eins“, fordern Demonstranten in Ost-Berlin. Am 31. März empfiehlt die Deutsche Bundesbank einen grundsätzlichen Umstellungskurs von 2:1. Lediglich Ersparnisse bis zu 2000 Mark sollen 1:1 getauscht werden können.

Am 12. April 1990 wählt die DDR-Volkskammer Lothar de Maizière zum Ministerpräsidenten. Ziel seiner großen Koalition: Einheit so schnell wie möglich. Am 23. April 1990einigt sich die Koalition in Bonn auf die Grundzüge eines Staatsvertrages zur Währungsunion. Gegen den Rat der Bundesbank soll demnach der grundsätzliche Umstellungskurs 1:1 betragen. Tags darauf starten Kohl und de Maizière Regierungsgespräche über die Währungsunion. Am 27. April 1990 beginnen nach Vorgesprächen in Ost-Berlin offizielle Verhandlungen. Die Delegationen werden geleitet von dem späteren Bundesbankpräsidenten Hans Tietmeyer und DDR-Staatssekretär Günther Krause.

Am 2. Mai 1990 legen die Bundesrepublik und die DDR nach heftigen Debatten und Demonstrationen in der DDR die Umtauschkurse fest. Danach soll ein genereller Kurs etwa für Löhne, Renten und Mieten von 1:1 gelten. Sparguthaben sollen bei Beträgen zwischen 2.000 und 6.000 Mark nach Alter der Sparer gestaffelt ebenfalls 1:1 umgetauscht werden, Beträge darüber hinaus 2:1. Auch Schulden der Betriebe werden 2:1 getauscht. Am 18. Mai 1990 unterzeichnen der Bundesfinanzminister Theo Waigel und sein DDR-Amtskollege Walter Romberg den Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. (dpa)

Richtiges Geld war das allerdings nicht, eher eine Recheneinheit. Die DDR-Mark durfte die Heimat weder verlassen - noch eingeführt werden. Und sie konnte auch nicht einfach so bei der Bank in Dollar, Pfund oder D-Mark getauscht werden.
Den DDR-Bürgern fehlte der Zugang zum Westgeld damit nahezu völlig. Und Westbürger, die in die DDR reisten, waren bis Ende 1989 gezwungen, bei der Einreise Ostmark zum Kurs von 1:1 tauschen - zum selben Verhältnis also, zu dem die DDR-Mark bei der deutschen Währungsunion am 1. Juli 1990 faktisch auf D-Mark umgestellt wurde. Genauso wie die schnelle Währungsunion selbst, war dieser Umstellungskurs indes unter Ökonomen und in der öffentlichen Debatte heftig umstritten - denn eigentlich war das DDR-Geld nach landläufiger Auffassung viel weniger wert. Aber wieviel genau?

Auf dem Schwarzmarkt galten andere Preise

Üblicherweise taxieren Ökonomen den Wert einer Währung auf zwei Weisen: Sie betrachten einmal den „Außenwert“ einer Währung, also den Preis, den Investoren auf dem Devisenmarkt bezahlen. Bei der Euro-Einführung 1999 waren zum Beispiel die Wechselkurse der einzelnen Währungen der Länder zueinander maßgeblich für den Umstellungskurs. Für die DDR-Mark gab es solche Anhaltspunkte aber nicht, denn die Ostwährung war nicht „konvertibel“, das heißt, sie wurde nicht frei am Markt gehandelt. Es gab lediglich einen schwarzen Markt, auf dem mal 7, mal 8, zum Teil auch 14 DDR-Mark für eine D-Mark zu zahlen waren.

Wichtige Hinweise kann auch der „Binnenwert“ einer Währung liefern: Was kann ich für eine bestimmte Menge Geldes im Heimatland kaufen. Nach dieser Lesart kann auch eine „weiche“ Währung zu Hause deutlich „härter“ sein, nämlich dann, wenn das allgemeine Preisniveau deutlich niedriger liegt als in anderen Ländern. Auch diese Perspektive funktioniert für die Ost-Mark aber nicht. Was produziert und zu welchem Preis angeboten wurde, wurde weitgehend staatlich vorgeschrieben. Viele Konsumgüter waren überhaupt nicht oder nur mit langem Wartezeiten lieferbar - und in ihrer Qualität auch nicht mit Produkten auf dem Westmarkt vergleichbar.

Damit „ließ sich mangels überzeugender ökonomischer Anhaltspunkte kein sachlich zwingender Umstellungskurs ermitteln“, wie der Ökonom Manfred Streit 1998 in einem Beitrag zum 50. Geburtstag der D-Mark bilanzierte. Den gleichen Sachverhalt formulierte die Deutsche Bundesbank zum Zeitpunkt der Währungsunion so: „Angesichts fehlender oder mangelhafter Daten über den realwirtschaftlichen und monetären Status der DDR, einer Vielzahl offizieller Umtauschkurse und eine stark schwankenden freien Sortenmarktes gab es bei der Vorbereitung der Währungsunion mit der DDR kaum verlässliche Orientierungspunkte für die „richtigen“ Umstellungssätze von Mark der DDR auf D-Mark.“ (dpa)